2018 kam das Ende für das Opting-Out. Man konnte nur staunen wie das SPD-geführte Arbeitsministerium ein Verbreitungsinstrument für die bAV, das weltweit und auch in deutschen Betrieben bis 2018 gut funktionierte, mit einer Neuregelung abschaffte. Und man war gewarnt – und ignorierte das gekonnt. Sechs Jahre später bewegt sich etwas.
Doch der Reihe nach:
Opting-Out oder auto-enrollment bedeutet, dass jeder Arbeitnehmer ein Angebot unterbreitet bekommt und, wenn er nicht widerspricht, automatisch eine betriebliche Altersversorgung hat. Das wurde auf betrieblicher Ebene umgesetzt und in diesen Betrieben gab es hohe Teilnahmequoten von über 80 % zu verzeichnen. Doch es war rechtlich strittig, ob dies durch Betriebsvereinbarungen wirksam umgesetzt werden kann.
Die Lösung, die nichts löste
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz zum 1.1.2018 übertrug man kurzerhand die Regelungskompetenz den Tarifvertragsparteien (§ 20 Abs. 2 BetrAVG). Und da es in Deutschland den Tarifvorbehalt gibt, gab es plötzlich auch keine neuen Opting-Out-Modelle mehr.
Immerhin durften schon bestehende Opting-Out-Modelle durch eine Übergangsregelung weiter genutzt werden. Bis heute haben meines Wissens die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit des Opting-Outs nicht genutzt.
Schon damals wurde ein Opting-Out auf Betriebsebene gefordert: Firmen sollen entscheiden können, ob sie das Opting-Out einführen wollen. Kaum sind sechs Jahre vergangen, hört man im Bundesarbeitsministerium auf die Praxis und macht den ersten Trippelschritt.
Die neue Lösung
Der Entwurf des Betriebsrentengesetz II sieht nun endlich ein Opting-Out auf Betriebsebene vor. § 20 Abs. 3 BetrAVG-E regelt, was schon vor 2018 erfolgreich praktiziert wurde – allerdings nur per Betriebs- oder Dienstvereinbarung:
„Ein Optionssystem nach Absatz 2 [Opting-Out per Tarifvertrag] kann auch ohne tarifvertragliche Grundlage in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt werden, wenn der Arbeitgeber mindestens 20 Prozent des umgewandelten Entgelts als Arbeitgeberzuschuss hinzugibt; der Anspruch aus § 1a Absatz 1a ist damit abgegolten.“
Es gelten weiter die strengen Regularien zum Opting-Out (§ 20 Abs. 2 Satz 2):
„Das Angebot des Arbeitgebers auf Entgeltumwandlung gilt als vom Arbeitnehmer angenommen, wenn er nicht widersprochen hat und das Angebot
- in Textform und mindestens drei Monate vor der ersten Fälligkeit des umzuwandelnden Entgelts gemacht worden ist und
- deutlich darauf hinweist,
- welcher Betrag und welcher Vergütungsbestandteil umgewandelt werden sollen und
- dass der Arbeitnehmer ohne Angabe von Gründen innerhalb einer Frist von mindestens einem Monat nach dem Zugang des Angebots widersprechen und die Entgeltumwandlung mit einer Frist von höchstens einem Monat beenden kann.“
Es ist nur eine Marginalie, dass das Bundesarbeitsministerium weiter darauf besteht, dass das, was alle Welt Opting-Out nennt, weiterhin als Options-Modell zu bezeichnen. Denn man würde sich zu zwei wichtigen Fragen, die dieser neue Absatz 3 aufführt, praktische Lösungen wünschen (ich weiß, ich weiß: praktische Lösungen …):
- Ist sichergestellt, dass nun auch wirklich Betriebsvereinbarungen, ohne dass ein Tarifvertrag etwas dazu regelt („ohne tarifvertragliche Grundlage“), wirksam zum Opting-Out abgeschlossen werden können?
- Ist diese Regelung ein Spezialgesetz, so dass Betriebsvereinbarungen Opting-Out-Vereinbarungen wirksam abschließen können? Oder gibt es weiterhin Rechtsunsicherheit durch die ungelöste Frage, ob eine Lohnverwendungsabrede vorliegt und ob das zulässig ist.
Die Stellungnahme der BDA moniert zu Recht genau diese Fragen an.
Was ist mit kleinen und mittelständischen Betrieben?
Zusätzlich merkt der BDA deutlich an, dass Betriebe ohne Betriebsrat wieder kein rechtssicheres Opting-Out einführen können und dass damit die Verbreitung in Kleinst- und Kleinunternehmen weiter konterkariert wird. Da der Gesetzgeber schon im Gesetz mit liebevoller Detailtiefe schon alle Rahmenbedingungen für ein Opting-Out geregelt hat (§ 20 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG – s. oben) und damit ohnehin kaum Spielräume zu Lasten des Arbeitnehmers bleiben, frage ich mich, ob man weitere sechs Jahre in Berlin warten möchte, um diesen Schritt zu vollziehen.