Das BaFin-Merkblatt 01/23 zu den wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungen greift das IDD-Regelungsregime auf und legt dieses aus – auch mit Auswirkungen auf Vermittler.
Schon im Juli 2019 führte die EU im Rahmen der IDD-Gesetzgebung das sogenannte „Produktgenehmigungs- bzw. Produktfreigabeverfahren“ ein und führte mit der entsprechenden delegierten Verordnung (DVO-POG) weitergehende Verpflichtungen auch für Versicherungsvermittler ein.
Die BaFin greift in ihrem Merkblatt 01/23 zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungen das IDD-Regelungsregime auf und legt dieses aus.
Kundennutzen im Fokus
In den Fokus stellt die Aufsicht den Kundennutzen oder den „value for money“ von kapitalbildenden Versicherungsprodukten, den die Lebensversicherer bei Konzeption und Herstellung des Produkts, aber auch während der Laufzeit beobachten müssen. Wichtig ist, dass das Produkt unter Berücksichtigung der Kosten – aber auch bestimmter Stornokonstellationen – für den Kunden positive Renditen bringt. Neben Renditeaspekten machen aber auch andere Produkteigenschaften wie Garantien, Flexibilitäten oder weitergehende Serviceleistungen des Versicherers den Kundennutzen aus.
Für den in den POG-Prozess eingebundenen Vertrieb bedeutet dies:
Die Beratung zu Versicherungsanlageprodukten oder anderen komplexen Versicherungsprodukten setzt eine intensive Auseinandersetzung des Maklers mit dem Produktportfolio der am Markt tätigen Lebensversicherer voraus. Zur Vorbereitung der Vermittlung einer zielgerichteten, passenden Altersvorsorge berücksichtigt der Makler – schon allein wegen § 60 Abs. 1 VVG – „eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern“.
Das Produktgenehmigungsverfahren nimmt auch den Vermittler in den Blick
In erster Linie adressiert die Aufsicht zuständigkeitshalber die Lebensversicherer. Die dem Merkblatt zugrunde liegenden Vorschriften der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) nehmen im Produktgenehmigungsverfahren allerdings den gesamten Vertriebskanal des Versicherers einschließlich der Vermittler in den Blick. Das heißt auch Versicherungsvermittler sind gut beraten, sich mit den Inhalten des Merkblatts vertraut zu machen und ihre betrieblichen Prozesse – sofern noch nicht erledigt – anzupassen.
Gesetzlich geforderte „Produktvertriebsvorkehrungen“ des Vermittlers
Gegenstand der gesetzlich geforderten „Produktvertriebsvorkehrungen“ des Vermittlers sind beispielsweise eigenständige Produktvertriebskonzepte, Maßnahmen zur Zielmarkterreichung und -kontrolle, interne Schulungskonzepte zu den vertriebenen Produkten oder Rückmeldeverpflichtungen an Versicherungsunternehmen bei Auffälligkeiten. Eine Verpflichtung zur eigenständigen Dokumentation der betriebsinternen Vorgaben besteht zudem.
Neben diesen recht abstrakten Vorgaben zu Produktvertriebsvorkehrungen im Maklerunternehmen bestehen weiterhin die originären Beratungsverpflichtungen gegenüber dem Kunden, die im Wesentlichen die Eignung des konkreten Produkts mit Blick auf die konkrete Lebenssituation des Kunden berücksichtigen.
Eine detailliertere Beschreibung der durch das BaFin-Merkblatt nochmals in den Fokus gerückten Situation finden Sie in der nächsten Ausgabe des bAV-Kompasses 1/2025.