Zwischen den Interessen des Arbeitgebers an schlanken Verwaltungsprozessen einerseits und der Berücksichtigung der individuellen Situation des Arbeitnehmers andererseits kann es zum Zielkonflikt kommen. Ist ein pauschalierender Ansatz durch den Arbeitgeber rechtens?
Kann das sein? Berücksichtigung von Kirchensteuer, obwohl man keiner Kirche angehört? Es kommt auf die Formulierung in der Versorgungsregelung an, meinte das BAG in einem zu entscheidenden Fall vom 21.1.2025 (3 AZR 100/24), dessen Entscheidungsgründe nun veröffentlicht wurden.
Der Fall vor dem BAG
Der Streit ging wie so oft um die „richtige“ Höhe der Betriebsrente. Für den ehemaligen Arbeitnehmer galt eine „Gesamtbetriebsvereinbarung über Zusatzversorgungsleistungen“. Darin war u.a. geregelt, dass der Anspruch auf Zusatzversorgung nur insoweit besteht, als dieser zusammen mit
- der gesetzlichen Rente,
- den Leistungen des Beamtenversicherungsvereins des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes a.G. und
- sonstigen Versorgungsleistungen, die nicht überwiegend auf Beiträgen des Arbeitnehmers beruhen,
nicht mehr als 75 % des versorgungsfähigen Einkommens, höchstens jedoch 100 % des Nettoeinkommens erreicht.
Als anrechenbare Rente gilt die jeweilige Bruttorente vor Abzug etwaiger Steuern, Abgaben und Beiträge, jedoch ohne etwaige Zuschüsse zum Krankenversicherungsbeitrag der Rentner.
Das Nettoeinkommen ist nach dem zuletzt bezogenen regelmäßigen monatlichen Bruttoeinkommen für die tarifliche Arbeitszeit fiktiv zu berechnen. Davon werden die Steuern einheitlich nach der Steuerklasse III/0 abgezogen.
Bei der zur Berechnung der Höhe der Versorgungsleistung erforderlichen Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens zog der ehemalige Arbeitgeber vom zuletzt bezogenen regelmäßigen monatlichen Bruttoeinkommen neben der Einkommensteuer, dem Krankenversicherungsbeitrag, den Arbeitnehmeranteilen zur gesetzlichen Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung auch fiktive Kirchensteuer i. H. v. 72,36 € ab. Der ehemalige Arbeitnehmer war aber seit 1977 nicht mehr Mitglied einer Kirche.
Argumente des ehemaligen Arbeitnehmers
Er war der Auffassung, dass bei der Berechnung der Nettogesamtversorgungsobergrenze ein Abzug der Kirchensteuer zu unterbleiben hat und sich dadurch die Nettobegrenzung erhöht und folglich auch sein Zusatzversorgungsanspruch um monatlich 70,91 € höher ausfällt.
So urteilte das BAG – Verwaltungsvereinfachung des Arbeitgebers rechtfertigt typisierende Betrachtung
Das BAG war ganz anderer Meinung. Für die Berechnung des fiktiven Nettoeinkommens durfte der ehemalige Arbeitgeber zur Verwaltungsvereinfachung einen pauschalierenden und typisierenden Ansatz wählen und musste nicht auf die konkreten Verhältnisse des einzelnen Versorgungsberechtigten abstellen.
Das BAG macht dies daran fest, dass die Steuern nach der Gesamtbetriebsvereinbarung „einheitlich“ abgezogen wurden und – unabhängig von der individuellen Situation – die Steuerklasse III ohne Kinderfreibeträge anzusetzen war. Das folgte aus dem Wortlaut der Regelung, die von Abzug „der Steuern“ spricht und damit, so jedenfalls das BAG, sich nicht etwa auf die „Lohnsteuer“ beschränkt.
Die typisierende Betrachtung galt im Übrigen auch im Rahmen des anzusetzenden Krankenversicherungsbeitrags, der ebenfalls unabhängig von den persönlichen Umständen nach dem durchschnittlichen Beitragssatz der Ortskrankenkassen und auch dann in Abzug zu bringen war, wenn keine Versicherungspflicht bestand.
Abwägung zwischen Einzelfallgerechtigkeit und Verwaltungsvereinfachung des Arbeitgebers
Das BAG wägt, wie so oft, zwischen den Interessen des Arbeitgebers an einer möglichst schlanken Verwaltung und dem Interesse des Arbeitnehmers auf Berücksichtigung seiner individuellen Situation ab.
Das Ziel, den bisherigen Lebensstandard für die Betriebsrentner im Rahmen einer pauschalierenden Betrachtung abzusichern, spricht vielmehr dafür, diejenigen Abzüge, die einen typischen Arbeitnehmer treffen, auch für die Berechnung des begrenzenden Nettoeinkommens heranzuziehen. Zwar wird das Versorgungsziel umso genauer erreicht, je mehr bei den gesetzlichen Abgaben auf den Einzelfall abgestellt wird. Allerdings ist der Verwaltungsaufwand aber umso größer, je mehr die individuellen Verhältnisse berücksichtigt werden. Eine pauschale Berechnungsweise ist sinnvoll und erhöht die Praktikabilität der Regelung.