Was sagt der Koalitionsvertrag zur Zukunft der Altersvorsorge? Die Highlights aus dem Koalitionsvertrag 2021–2025 der Ampel. Im ersten Teil der Blick auf die gesetzliche Rentenversicherung (S. 73 ff.)
1. Die gesetzliche Rente bleibt tragende Säule der Altersversorgung und die Finanzierung.
„Eine gute und verlässliche Rente nach vielen Jahren Arbeit ist für die Beschäftigten wichtig. Es geht darum, sich mit eigener Arbeit eine gute eigenständige Absicherung im Alter zu schaffen.“
Die doppelte Haltelinie bleibt: „Wir werden daher die gesetzliche Rente stärken und das Mindestrentenniveau von 48 % … dauerhaft sichern. In dieser Legislaturperiode steigt der Beitragssatz nicht über 20 %.“
Ein klares Bekenntnis: „Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.“
2. Woher nehmen und nur ein wenig stehlen?
Zur Finanzierung sagt die Ampel an folgenden Stellen etwas Konkretes.
- Die neue Aktienrente soll zumindest eine teilweise Kapitaldeckung bringen. Bemerkenswert, dass man diesen Deckungsstock auch vor dem Zugriff der Politik („Eigentumsschutz“) entziehen will:
„Um diese Zusage generationengerecht abzusichern, werden wir zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen. Diese teilweise Kapitaldeckung soll als dauerhafter Fonds von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden und global anlegen. Dazu werden wir in einem ersten Schritt der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 aus Haushaltsmitteln einen Kapitalstock von 10 Milliarden Euro zuführen. Der kapitalgedeckte Teil der gesetzlichen Rente muss für das Kollektiv der Beitragszahler dauerhaft eigentumsgeschützt sein.“
- Es braucht mehr Einzahler in die umlagefinanzierte Rente – auch das bringt mehr Geld ins Umlagesystem. Dazu trifft die Ampel folgende Vereinbarung: „Die umlagefinanzierte Rente wollen wir durch die Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie die erwerbsbezogene und qualifizierte Einwanderung stärken.“
- Und eine Grausamkeit soll sehr schnell (wieder-) kommen: der Nachholfaktor. Ohne ihn profitieren in der Krise – wie jetzt der Pandemie – Rentner, dass bei sinkenden Löhnen die Rente nicht nach unten angepasst wird. Der Nachholfaktor gleicht diese „Garantie“ in den Folgejahren wieder aus. Er war bis 2025 ausgesetzt worden und soll sofort – wie namhafte Rentenexperten forderten – wieder aktiviert werden.
„Wir werden den sogenannten Nachholfaktor in der Rentenberechnung rechtzeitig vor den Rentenanpassungen ab 2022 wieder aktivieren und im Rahmen der geltenden Haltelinien wirken lassen. So stellen wir sicher, dass sich Renten und Löhne im Zuge der Coronakrise insgesamt im Gleichklang entwickeln und stärken die Generationengerechtigkeit ebenso wie die Stabilität der Beiträge in dieser Legislaturperiode.“
- Die Selbständigen sollen in die GRV einbezogen werden, allerdings mit einem Opting-Out (siehe Teil 2 des Beitrags). Doch irgendwann wollen auch diese Einzahler Leistungen sehen.
3. Unausweichlich: Eine Prise an mehr Wohltaten darf nicht fehlen
Man ist bei neuen Wohltaten zurückhaltender. Doch bei einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung darf natürlich auch die Flexi-Rente nicht fehlen. Sie wird noch etwas attraktiver gemacht. Die Babyboomer werden damit die Ausgabenseite früher belasten:
„Die Flexi-Rente wollen wir durch bessere Beratung in ihrer Bekanntheit verbreitern und die Regelung zum Hinzuverdienst bei vorzeitigem Rentenbezug entfristen.“
In einem kleinen Satz steckt viel Wohltat für die Betroffenen, die oft mit kleinen Renten auskommen müssen, und leider Mehrausgaben für die gesetzliche Rente:
„Wir wollen Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner im Bestand umsetzen.“Und gleichzeitig greift man bei der Prävention ein:
„Um frühzeitig einer Erwerbsminderung entgegenzuwirken, wollen wir unter Berücksichtigung der Evaluationsergebnisse den Ü45-Gesundheits-Check gesetzlich verankern und flächendeckend ausrollen.“
Ein wenig mehr Last für die Rentenversicherung – jetzt auch für unverheiratete Paare, die bisher im Leistungsspektrum der GRV nicht berücksichtigt wurden – ergibt sich durch das Rentensplittung: „Wir wollen das Rentensplitting bekannter machen, unter anderem indem die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen der jährlichen Renteninformation auf diese Möglichkeit hinweist. Zudem sollen auch unverheiratete Paare dies nutzen dürfen.“
Und zuletzt ein möglicher Zusatzposten: Die Grundrente soll evaluiert werden und Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden, insbesondere auch zum Prüfungsaufwand bei Kapitalerträgen.
4. Längeres Arbeiten in Vorbereitung?
Auch wenn sich die Ampel einer Anhebung des Rentenalters verweigert, soll an Stellschrauben zum Thema „Länger Arbeiten“ vorsorglich gedreht werden.
- Es soll gemeinsam mit den Sozialpartnern über einen längeren Verbleib im Arbeitsleben diskutiert werden: „Gemeinsam mit den Sozialpartnern werden wir in einen gesellschaftlichen Dialogprozess darüber eintreten, wie Wünsche nach einem längeren Verbleib im Arbeitsleben einfacher verwirklicht werden können und dabei insbesondere einen flexiblen Renteneintritt nach skandinavischem Vorbild und die Situation besonders belasteter Berufsgruppen in die Diskussion mit einbeziehen.“
- Prävention und Rehabilitation sollen für ein längeres Arbeiten ausgebaut werden: „Wir machen längeres, gesünderes Arbeiten zu einem Schwerpunkt unserer Alterssicherungspolitik. Hierzu werden wir einen Aktionsplan „Gesunde Arbeit“ ins Leben rufen sowie den Grundsatz „Prävention vor Reha vor Rente“ stärken. Wir werden Rehabilitation stärker auf den Arbeitsmarkt ausrichten und die unterschiedlichen Sozialversicherungsträger zu Kooperationsvereinbarungen verpflichten. Den Zugang zu Maßnahmen der Prävention und Rehabilitation werden wir vereinfachen sowie das Reha-Budget bedarfsgerechter ausgestalten.“