Das Bundessozialgericht nimmt freiwillig versicherte Betriebsrentner weiterhin von der Abmilderung der Beitragslast in der gesetzlichen Krankenversicherung durch den Freibetrag aus.
Hintergrund zur Freibetragsregelung
Durch das GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz (GKV-BRG) wurde zusätzlich zur Freigrenze ein Freibetrag (§ 226 Abs. 2 SGB V) in derselben Höhe wie die Freigrenze selbst (1/20 der monatlichen Bezugsgröße i.S.v. § 18 SGB IV, für 2025 also 187,25 €) eingeführt.
Die gesetzgeberische Intention war, ein bis dahin lange bestehende Ärgernis zu beseitigen, was immer dann auftrat, wenn eine Leistung aus der bAV 1 Cent über der Freigrenze lag. Dann wurde nur aufgrund dieses einen Cents die gesamte bAV-Leistung beitragspflichtig. Der Freibetrag schaffte dahingehend Abhilfe, als dass dieser nach Überschreiten der Freigrenze eingreift, und dann nur der „überschießende“ Teil in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtig ist. Es gilt also seit 1.1.2020 ein „zweistufiges“ Modell.
Beispiel: 200 € Leistung aus einer Direktversicherung
- Stufe: Freigrenze (187,25 €)
- Stufe: Freibetrag (187,25 €)
Beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sind demnach „nur“ 12,5 € (200 € abzgl. 187,25 €). Nach alter Rechtslage wären die kompletten 200 € als Bemessungsgrundlage für die gesetzliche Krankenversicherung herangezogen worden.
Für die Pflegeversicherung ist der Freibetrag nicht anwendbar und somit sind dafür 200 € als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.
Freiwillig Versicherte sind außen vor.
Eine wirklich bittere Pille ist immer noch, dass die Anwendung der Freigrenze und des Freibetrags für freiwillig Versicherte nicht greift. Für diese gelten die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 24.3.2024, die in § 3 die beitragspflichtige Einnahmen definieren. Danach sind alle Einnahmen zur Ermittlung der Beitragslast heranzuziehen, ohne Anwendung einer Abmilderung durch den Freibetrag.
Das von betroffenen Betriebsrentnern immer wieder vorgebrachte Argument: Sachliche Gründe für eine Differenzierung zwischen pflicht- und freiwillig versicherten Rentnern beim Abzug des Freibetrags auf Renten der betrieblichen Altersversorgung sind nicht gegeben. Der Gesetzgeber habe unterschiedslos eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge und eine Beitragsentlastung sämtlicher Betriebsrentner erreichen wollen.
Bundessozialgericht, B 12 KR 9/23 R -Terminbericht 38/24
Der Fall:
Ein freiwillig krankenversicherter Rentner hatte folgende Einkünfte
• GRV-Rente monatlich 1.494,74 €
• betriebliche Altersrenten monatlich 179,81 € und 5,52 € sowie
• eine Riester-Rente in Höhe von monatlich 136,13 €
Die Krankenkasse wendetet die Beitagsverfahrensgrundsätze Selbstzahler an und legte sämtliche angegebenen Bezüge (1816,20 €) zu Grunde. Dagegen wendete sich der Rentner und legte Widerspruch gegen den Beitragsbescheid ein. Er rügte die Nichtanwendung des Freibetrages (§ 226 Abs. 2 SGB V).
Die Krankenkasse blieb bei ihrer Entscheidung mit dem Argument, dass der Kläger die entsprechende Vorversicherungszeit für eine Pflichtversicherung in der KVdR nicht erfüllt habe. Er war in der Zeit vom 1.10.1994 bis zum 31.5.2004 privat krankenversichert.
Eine Pflichtversicherung als Rentner trete nur ein, wenn von der erstmaligen Aufnahme der Erwerbstätigkeit bis zur Rentenantragstellung mindestens 9/10 der zweiten Hälfte dieses Zeitraums eine eigene Mitgliedschaft oder eine Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden habe.
Die Entscheidung des Bundessozialgericht
Das Bundessozialgericht belässt bei der Unanwendbarkeit des Freibetrags bei freiwillig versicherten Betriebsrentnern.
Zentrales Argument der Richter war, dass die Ungleichbehandlung von freiwillig Versicherten zu gesetzlich pflichtversicherten Rentnern nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Grundgesetz verstoße. Die beitragsrechtliche Privilegierung von pflichtversicherten Rentner Personengruppen ist unter dem Gesichtspunkt der „Systemtreue“(Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse) gerechtfertigt. Da der klagende Rentner aber in der Zeit vom 1.10.1994 bis zum 31.5.2004 privat krankenversichert war, greife zu seinen Gunsten das Argument „Systemtreue“nicht.