Mit einem Paukenschlag hatte der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 15.3.2023, I R 41/19) genaue Regeln aufgestellt, in welchem Rahmen ein Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) gleichzeitig ein Geschäftsführergehalt und eine Pension beziehen kann.
Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder hat das BMF am 30.8.2024 die Randziffer 10 des BMF-Schreibens vom 18.9.2017 (BStBl. I S. 1293) entsprechend geändert.
Die alte BMF-Regelung aus 2017
Das BMF-Schreiben aus 2017 regelte die bilanzsteuerrechtliche Berücksichtigung von Versorgungsleistungen, die ohne die Voraussetzung des Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis gewährt werden. In Rz 10 wurden damals körperschaftsteuerliche Frage geregelt. Dort hieß es „In der Auszahlungsphase der Pension führt die parallele Zahlung von Geschäftsführergehalt und Pension – sowohl bei einem beherrschenden als auch bei einem nicht beherrschenden – Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, soweit das Aktivgehalt nicht auf die Pensionsleistung angerechnet wird.“
Die Neuregelung 2024
Grundsätzlich bleibt in der Körperschaftsteuer alles beim Alten. Die körperschaftsteuerlichen Regelungen für Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften bleiben unberührt (BFH-Urteile vom 5. März 2008, a. a. O. und vom 23. Oktober 2013, a. a. O.).
In der Anwartschaftsphase ist eine Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer, die zwar die Vollendung des vereinbarten Pensionsalters voraussetzt, nicht jedoch dessen Ausscheiden aus dem Betrieb oder die Beendigung des Dienstverhältnisses, körperschaftsteuerrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Sie führt nicht von vorneherein wegen Unüblichkeit oder fehlender Ernsthaftigkeit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Neu: Gleichzeitiger Bezug von Gehalt und Pension: Es gilt die neue Rechenregel des BFH
Wird nach dem Eintritt des Versorgungsfalles (Auszahlungsphase) neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, liegt nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs regelmäßig keine gesellschaftliche Veranlassung vor, soweit die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet (vgl. BFH-Urteil vom 15. März 2023 – I R 41/19, BStBl. 2024 II S. xxx).
Denn in der Auszahlungsphase der Pension würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter grundsätzlich verlangen, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit gegebenenfalls unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat (BFH-Urteile vom 5. März 2008, a. a. O., vom 23. Oktober 2013, a. a. O. und vom 15. März 2023, a. a. O.). Die Grundsätze gelten sowohl bei monatlicher Pensionsleistung als auch bei Ausübung eines vereinbarten Kapitalwahlrechts bei Erreichen der vereinbarten Altersgrenze.
Achtung: Fremdvergleich beachten
Vorbehaltlich der Beachtung des formellen Fremdvergleichs bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern (R 8.5 Abs. 2 KStR) liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, soweit die Summe aus Versorgungszahlung und neuem Aktivgehalt das vor Eintritt des Versorgungsfalles gezahlte Aktivgehalt nicht überschreitet.
Achtung: Keine Teilzeittätigkeit des GGF
Die Auflösung der Pensionsrückstellung steht der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht entgegen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist auch dann zu bejahen, wenn das Aktivgehalt und die Arbeitszeit nach Eintritt des Versorgungsfalls deutlich reduziert werden, da eine „Teilzeittätigkeit“ mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht vereinbar ist.“ BMF weicht ausdrücklich von der Auffassung des BFH ab (Randziffer 28 des Urteils vom 15.3.2023, nicht entscheidungserheblich): Soweit der BFH in Rn. 28 des Urteils vom 15. März 2023, a. a. O., die – nicht entscheidungserhebliche – Auffassung vertritt, dass eine Weiter- oder Folgebeschäftigung mit reduzierten Arbeitszeiten/Aufgabenbereichen dazu führen könne, dass die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen nicht vollständig ausgeschöpft werden könne, ohne eine vGA auszulösen, ist dem nicht beizupflichten. An der bisherigen abweichenden Verwaltungsauffassung, dass eine Teilzeittätigkeit nicht mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter- Geschäftsführers vereinbar ist, wird festgehalten.
Fazit
Die Neufassung ist auf noch alle offenen Fälle anzuwenden. Das BMF sorgt mit der Änderung des BMF-Schreibens aus 2017 für Rechtssicherheit. Es ist allerdings kritisch zu hinterfragen, ob die moderne Arbeitswelt und die Flexibilisierung des Rentenübergangs nicht auch bei der „Teilzeittätigkeit“ eines GGF steuerlich greifen soll.