Das Grundrentengesetz gilt seit Jahresbeginn – Rentner können bereits profitieren. Vermittler sollten die Wechselwirkung zwischen einer Entgeltumwandlung und der (späteren) Grundrente genau kennen und richtig beraten.
Am 1.1.2021 trat das Gesetz zur Einführung der Grundrente für langjährige Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung mit unterdurchschnittlichem Einkommen und für weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Alterseinkommen (Grundrentengesetz – GrundRentG) in Kraft. Der erste Fokus lag auf den Rentnern, die schon jetzt davon profitieren können. Erste Bescheide sollen für Bestandsrentner ab Juli 2021 ergehen. Doch was bedeutet die Grundrente für die Beratungspraxis heute?
Die Grundrente wird manchmal mit der Grundsicherung verwechselt. Dabei bestehen zwischen der Grundrente und der Grundsicherung fundamentale Unterschiede.
Die Verbindung, und damit vielleicht auch der Grund warum die Begriffe manchmal verwechselt oder gleichgesetzt werden, liegt im § 82a SGB SGB XII. Diese Vorschrift bestimmt, dass bei der Prüfung des Grundsicherungsanspruchs die Grundrente in Höhe von pauschal 100 Euro und 30 % des diese Pauschale übersteigenden Betrags (gedeckelt auf 50 % der Regelbedarfsstufe 1) nicht angerechnet wird. Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Verschiedenheit von Grundrente und Grundsicherung.
Für den Erhalt der Grundrente sind zwei Voraussetzungen zu erfüllen
- Voraussetzung: Erfüllen der sogenannten Grundrentenzeit
- Voraussetzung: Im Durchschnitt geringe Rentenentgeltpunkte („Grundrentenbewertungszeit“)
1. Erfüllen der Grundrentenzeit
Es müssen mind. 33 Jahre (396 Monate) mit Grundrentenzeiten vorhanden sein. Um die ungekürzte Grundrente zu erhalten sind 35 Grundrentenjahre (420 Monate) erforderlich. Darüberhinausgehende Zeiten (mehr als 35 Grundrentenjahre) erhöhen die Grundrente dagegen nicht. Es müssen also genug Monate für die Grundrentenzeit gesammelt werden.
Die Grundrentenzeiten können z. B. erfüllt werden durch Zeiten
- mit Pflichtbeiträgen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung (dazu zählen auch freiwillige Beiträge, die auf Antrag Pflichtbeiträge sind),
- Kinderberücksichtigungszeiten,
- Berücksichtigungszeiten wegen ehrenamtlicher Pflege.
Tipp: Wer zeitweise nur einen Minijob ausübt, kann dadurch Grundrentenzeit sammeln, dass er zu Beginn seines Minijobs nicht aus der Versicherungspflicht ausoptiert.
2. Im Durchschnitt geringe Rentenentgeltpunkte
Um die Grundrente zu erhalten, darf der Verdienst nicht unter 0,3 Rentenentgeltpunkte (2021: 1.038,53 Euro Monatsgehalt) bzw. der Durchschnitt der anrechenbaren Grundrentenzeiten darf nicht über 0,8 Rentenentgeltpunkte (2021: 2.769,40 Euro) liegen.
Um einen Rentenentgeltpunkt zu erhalten, muss Stand 2021 ein Jahresverdienst von 41.541 Euro jährlich (brutto) bzw. 3.461,75 Euro (brutto) monatlich erzielt werden.
Beispiel 1: Eine Teilzeitbeschäftigte verdient 2021 jährlich 12.600 Euro bzw. monatlich 1.050 Euro.
Verdienst p. a. | Verdienst p. m. | Erlangte Rentenentgeltpunkte | Wird grundsätzlich durch die Grundrente aufgewertet? |
41.541 € (Referenzverdienst Stand 2021) | 3.461,75 € (Referenzverdienst Stand 2021) | 1 | nein |
12.600 € (Beispielsverdienst) | 1.050 € (Beispielsverdienst) | 0,303 | ja |
Durch die Teilzeitbeschäftigung werden 0,303 Rentenentgeltpunkte erdient. Diese liegen oberhalb der für die Aufstockung durch die Grundrente erforderlichen Schwelle von 0,3 Rentenentgeltpunkten. Die Zeiten mit 0,303 Rentenentgeltpunkten werden durch die Grundrente, sofern die Grundrentenzeiten erfüllt sind, aufgestockt.
Beispiel 2: Eine Vollzeitbeschäftigte verdient 2021 jährlich 34.800 Euro bzw. monatlich 2.900 Euro.
Verdienst p. a. | Verdienst p. m. | Erlangte Rentenentgeltpunkte | Wird grundsätzlich durch die Grundrente aufgewertet? |
41.541 € (Referenzverdienst Stand 2021) | 3.461,75 € (Referenzverdienst Stand 2021) | 1 | nein |
34.800 € (Beispielsverdienst) | 2.900 € (Beispielsverdienst) | 0,838 | nein |
Durch die Vollzeitbeschäftigung werden 0,838 Rentenentgeltpunkte erdient, diese liegen oberhalb der für die Aufstockung durch die Grundrente erforderlichen Schwelle von 0,8 Rentenentgeltpunkten. Die Zeiten mit 0,838 Rentenentgeltpunkte werden durch die Grundrente nicht aufgestockt.
Beispiel 3: Eine Teilzeitbeschäftigte verdient 2021 jährlich 12.600 Euro bzw. monatlich 1.050 Euro und wandelt 100 Euro Gehalt zu Gunsten einer betrieblichen Altersversorgung um.
Verdienst p. a. | Verdienst p. m. | Erlangte Rentenentgeltpunkte | Wird grundsätzlich durch die Grundrente aufgewertet? |
41.541 € (Referenzverdienst Stand 2021) | 3.461,75 € (Referenzverdienst Stand 2021) | 1 | nein |
11.400 € (Beispielsverdienst mit Entgeltumwandlung) | 950 € (Beispielsverdienst mit Entgeltumwandlung) | 0,274 | nein |
Eine Entgeltumwandlung eines Niedrigverdiener, der nur sehr knapp oberhalb von 0,3 Rentenentgeltpunkten (2021: 1.038,53 Euro p. m.) verdient, führt zu einem Unterschreiten der Untergrenzen von 0,3 Rentenentgeltpunkten. Dadurch werden diese Zeiten nicht als Grundrentenbewertungszeiten gewertet und damit durch die Grundrente nicht aufgewertet.
Beispiel 4: Eine Vollzeitbeschäftigte verdient 2021 jährlich 34.800 Euro bzw. monatlich 2.900 Euro und wandelt 150 Euro zu Gunsten einer betrieblichen Altersversorgung um.
Verdienst p. a. | Verdienst p. m. | Erlangte Rentenentgeltpunkte | Wird grundsätzlich durch die Grundrente aufgewertet? |
41.541 € (Referenzverdienst Stand 2021) | 3.461,75 € (Referenzverdienst Stand 2021) | 1 | nein |
33.000 € (Beispielsverdienst mit Entgeltumwandlung) | 2.750 € (Beispielsverdienst mit Entgeltumwandlung) | 0,794 | ja |
Durch die Vollzeitbeschäftigung werden 0,794 Rentenentgeltpunkte erdient, diese liegen oberhalb der für die Aufstockung durch die Grundrente erforderlichen Schwelle von 0,3 Rentenentgeltpunkten und unterhalb der Höchstgrenze von 0,8 Rentenentgeltpunkten.
Die Zeiten mit 0,794 Rentenentgeltpunkten werden durch die Grundrente, sofern die Grundrentenzeiten erfüllt sind, aufgestockt. Eine Entgeltumwandlung bei einem Gehalt, das nur sehr knapp über der Höchstgrenze von 0,8 Rentenentgeltpunkten liegt (2021: 2.769,40 Euro p. m.) kann den Anspruch auf Grundrente eröffnen.
Auswirkungen auf die Beratungspraxis
Das höchste deutsche Arbeitsgericht (BAG 18.2.2020, 3 AZR 208/18) hat zum wiederholten Male geurteilt, dass wenn der Arbeitgeber bzw. der Berater informiert die Informationen richtig und vollständig sein müssen. Andernfalls entsteht ein Haftungsanspruchs des Arbeitnehmers, wenn dieser durch die fehlenden oder falschen Informationen ein Schaden erleidet. Gerade Beschäftigte mit geringem Einkommen, fragen häufiger nach, „ob sich für sie die Entgeltumwandlung lohnt“. Durch die Grundrente muss hier genauer hingeschaut und richtig geantwortet werden.
Tipp: Liegt der Verdienst knapp oberhalb der Schwelle von 0,3 Entgeltpunkten, kann sich eine Entgeltumwandlung zuungunsten des Beschäftigten auswirken, wenn die Rentenbiographie grundsätzlich erwarten lässt, dass ein Anspruch auf Grundrente entstehen könnte.
Tipp: Liegt der Verdienst knapp oberhalb von 0,8 Entgeltpunkten, so kann durch eine Entgeltumwandlung ein Anspruch auf Aufstockung wahrscheinlicher werden. Eine Grundrente und Betriebsrente können also kumulativ zusammenkommen.
bAV?Genau! live:
Am 29.6.2021 um 10:00 Uhr können Sie mich live auf dem digitalen AssCompact Wissen-Forum betriebliche Versorgung hören:
„Haftungsrisiken betriebliche Altersversorgung 2021 – Das sollten Makler unbedingt dokumentieren!“