Der Freibetrag für Betriebsrentner ist umgesetzt. Der GKV-Spitzenverband hat die beitrags- und melderechtlichen Auswirkungen mit hilfreichen Beispielen zu den Umsetzungsregelungen verdeutlicht.
In wenigen Wochen wurde der Freibetrag für Betriebsrentner (§ 226 Abs. 2 SGB V) zum 1.1.2020 umgesetzt. Schon vor der Verkündigung im Bundesgesetzblatt am 30.12.2019 hat sich der GKV-Spitzenverband (RS 2019/734 vom 20.12.2019) zu den beitrags- und melderechtlichen Auswirkungen der Novellierung detailliert geäußert.
Hier ein Überblick über die wichtigsten Punkte:
- Pflegeversicherung und Krankenversicherung laufen auseinander
Die neue Regelung wird nicht auf die Pflegeversicherung übertragen. Eine Entlastung bei den Betriebsrenten in der Pflegeversicherung, in der die Beitragsbelastung aus Betriebsrenten seit Einführung der Pflegeversicherung unverändert ist, wäre nach Auffassung des Gesetzgebers nicht sachgemäß. Damit sind bei Betriebsrenten abweichend von dem sonst üblicherweise geltenden Grundsatz „Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung“ regelmäßig unterschiedlich hohe beitragspflichtige Einnahmen in der Kranken- und Pflegeversicherung zu berücksichtigen. - Der neue Freibetrag gilt nur für Betriebsrenten
Zu den Renten der bAV gehören ebenso die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst einschließlich der kirchlichen Altersversorgung sowie die hüttenknappschaftliche Zusatzversorgung. Der Freibetrag ist der Höhe nach ausdrücklich begrenzt auf die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V (bAV) und damit nicht übertragbar auf andere Versorgungsbezugsarten oder andere Einnahmearten. - Zweistufige Verfahren Freigrenze/Freibetrag
Es greift zunächst die Freigrenze von 1/20 der Bezugsgröße (2020: 159,25 Euro), der für Arbeitseinkommen und Versorgungsbezüge gilt. Wird diese Freigrenze überschritten, greift in der zweiten Stufe der Freibetrag nur für Betriebsrenten.
Für Arbeitseinkommen sowie die sonstigen Versorgungsbezüge nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB V bleibt also die Rechtslage auch über den 31. Dezember 2019 hinaus unverändert. Es gilt weiterhin die Freigrenze nach § 226 Abs. 2 Satz 1 SGB V; der neue Freibetrag nach § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V bleibt außer Ansatz. - Freibetrag gilt nicht für freiwillig Krankenversicherte
Der neue Freibetrag wird in der freiwilligen Krankenversicherung – wie die bisherige Freigrenze auch – nicht für anwendbar erklärt. § 240 Abs. 2 Satz 5 SGB V verweist weiterhin nicht auf § 226 Abs. 2 SGB V. Anders als in der
Pflichtversicherung gilt in der freiwilligen Krankenversicherung die Maxime, dass die Beitragsbelastung bzw. Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen hat. Die neue Regelung findet damit ausschließlich für krankenversicherungspflichtige Personen, ausgenommen die Personen in der Auffang-Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, Anwendung. - Was passiert bei Kapitalleistungen?
In den Fällen der Beitragserhebung aus Kapitalleistungen der bAV, der direkt durch die Krankenkassen erfolgt und nicht durch die Zahlstellen, kommt es zu Verzögerungen. Dies gilt sowohl in den Fällen des Einfachbezuges als auch in den Fällen des Mehrfachbezuges. Es wird eine Korrektur der Beiträge, ggf. rückwirkend ab 1. Januar 2020, ebenfalls erst nach Anpassung und Einsatz der Software bei den Krankenkassen durchgeführt werden können. Damit ist voraussichtlich Anfang 2021 zu rechnen. Bis dahin wird der Freibetrag bei der Erhebung der Beiträge (und damit in den Beitragsbescheiden) in der Regel noch keine Berücksichtigung finden.
Bescheide der Krankenkassen über Beiträge aus Kapitalleistungen der bAV für Zeiten ab 1. Januar 2020, die den anzuwendenden Freibetrag noch nicht berücksichtigt haben, sind, soweit sie rechtswidrig und nicht begünstigend sind, nach § 44 SGB X oder § 48 SGB X für die Vergangenheit zurückzunehmen bzw. aufzuheben. Eines Widerspruchs bedarf es für die Rücknahme oder Aufhebung des Bescheides nicht. Für den Erlass der Bescheide unter Vorbehalt des Widerrufs oder in Form einstweiliger bzw. vorläufiger Festsetzung sieht der Spitzenverband weder eine rechtliche Grundlage noch einen Bedarf.
Altfälle vor 2020, die durch die 1/120-Regelung in 2020 und Folgejahre „hineinragen“, stellen eine besondere Herausforderung dar. Bei Kapitalleistungen vor 2020, die von den Zahlstellen nicht mehr mit dem Kennzeichen „bAV“ versehen werden, empfiehlt der Spitzenverband den Krankenkassen, anhand der Bezeichnung der Zahlstelle zu prüfen, ob es sich, was der Regelfall sein dürfte, bei dem gemeldeten Versorgungsbezug um eine Leistung der bAV handelt und der Freibetrag – frühestens ab 1. Januar 2020 – berücksichtigt werden kann. Gegebenenfalls ist das Mitglied oder die Zahlstelle um Nachweise hierzu zu bitten.