Eine Möglichkeit, Leistungen aus einer Pensionszusage zu finanzieren, besteht im Abschluss von sogenannten Rückdeckungsversicherungen. Die wesentlichen Auswirkungen des IDW-Hinweises beziehen sich auf die in der Praxis häufigen Fallkonstellationen, bei denen die Pensionszusage und die Leistungen der Rückdeckungsversicherung nicht kongruent sind. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Leistungszusage erteilt wurde und sich die Überschüsse der Rückdeckungsversicherung nicht in der bei Vertragsabschluss erwarteten Höhe einstellen oder das Leistungsspektrum von Zusage und Rückdeckungsversicherung voneinander abweicht, insbesondere in Bezug auf die biometrischen Risiken.
Keine Auswirkungen ergeben sich bei einer vollständigen Bindung der Rückdeckungsversicherung an die Pensionszusage, also z. B. bei einer beitragsorientierten Leistungszusage im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG. In diesem Fall erfolgt die Bewertung wie bisher als wertpapiergebundene Zusage.
Bilanzgleichgewicht gestört
Bei der Bewertung von Leistungszusagen hat die jeweils isolierte Bewertung des Rückdeckungsversicherungsanspruchs und der Verbindlichkeit aus der Pensionszusage in der Handelsbilanz zur Folge, dass die beiden Wertansätze wesentlich auseinanderfallen, selbst dann, wenn die aus der Rückdeckungsversicherung erfolgenden Zahlungen (nahezu) deckungsgleich mit den Versorgungsleistungen der Pensionszusage an den Versorgungsberechtigten sind. Beim bisherigen Bewertungsansatz ist damit der bilanzielle Gleichlauf von Aktiv- und Passivseite gestört.
Ursache für die Abweichung sind die für die Bewertung jeweils anzusetzenden Rechnungsgrundlagen, wie das Bewertungsverfahren oder die Zinssätze. Zum Beispiel bis zu 4 % Rechnungszins bei der Rückdeckungsversicherung und 1,35 % bzw. 1,87 % für die Abzinsung der Leistungen aus der Pensionszusage (Stichtag 31.12.2021, sogenannter BilMoG-Zins mit 7- bzw. 10-jähriger Restlaufzeit). Im Ergebnis kann der Aktivwert der Rückdeckungsversicherung deutlich von der für die Pensionszusage zu passivierenden Rückstellung abweichen. Die wirtschaftlich in dieser Höhe nicht vorhandenen Über- bzw. Unterdeckungen, insbesondere bei einer ausfinanzierten Leistungszusage, sollen mit den neuen Vorgaben des IDW zukünftig vermieden werden.
Der neue Ansatz des IDW
Wichtigstes Ergebnis des IDW-Hinweises ist, dass auch bei rückgedeckten Leistungszusagen für den kongruenten Teil eine sogenannte korrespondierende Bewertung erfolgen muss. Pensionsverpflichtungen und zugehörige leistungskongruente Teile der Rückdeckungsversicherung sind mit einem identischen Wert auf der Aktiv- und Passivseite der Handelsbilanz zu erfassen. Dabei ist der kongruente Teil nach den neuen Grundsätzen zu bewerten, der nicht kongruente Teil wie bisher. Es kommt also im Ergebnis zu einer zweifachen Bewertung.
- Erster Bewertungsschritt: Wo sind Pensionszusage und Rückdeckungsversicherung kongruent? Für den kongruenten Teil wird auf beiden Seiten der Bilanz der gleiche Wert angesetzt.
- Entscheidung: Setze ich für den kongruenten Teil den Aktivwert der Rückdeckungsversicherung auf der Aktiv- und Passivseite an (Aktivprimat) oder setze ich den Rückstellungswert der Pensionszusage auf der Aktiv- und Passivseite an (Passivprimat).
- Zweiter Bewertungsschritt: Der nicht kongruente Teil (Unter-/Überdeckung oder Mischformen) wird gesondert nach den bisherigen Grundsätzen bewertet.
Die bilanziellen Auswirkungen des IDW-Hinweises zeigt das folgende Beispiel. Das Beispiel wurde so gewählt, dass die zugesagten Leistungen aus der Pensionszusage vollständig durch die Rückdeckungsversicherung ausfinanziert sind (vollständige Kongruenz).
Das Ergebnis ist auf die in der Praxis häufigeren Fälle einer teilweisen Kongruenz übertragbar. Allerdings sind diese Fälle weniger anschaulich. Hier ergeben sich vielfältige Wechselwirkungen, bei denen selbst der Aktuar nicht auf Anhieb durchblickt.
Versorgungsberechtigte Person ist eine am 1.10.1971 geborene Geschäftsführerin. Diensteintritt 1.8.1992. Bilanzstichtag 31.12.2021
Rückdeckungsversicherung
- Versicherungsbeginn 1.10.2000 (Rechnungszins 3,25 %)
- Rentenbeginn 67. Lebensjahr
- ausfinanzierte Altersrente 5.000 Euro
- keine Invaliden und Hibli-Rente
- keine Todesfallleistung
- Verpfändung liegt nicht vor
- monatliche Beitragszahlung
Pensionszusage
- Zusagezeitpunkt 1.10.2000
- Rentenbeginn 67. Lebensjahr
- Altersrente 5.000 Euro
- keine Invaliden und Hibli-Rente
- Keine Rentenanpassung zugesagt
- Handelsrechtliche Erdienung ab 1.10.2000, Annahme: erdiente Rente entspricht der beitragsfreien Rente zum 31.12.2021
Einen Vergleich der bisherigen mit der neuen Bilanzierungspraxis liefert die nachfolgende Grafik.

Ohne Anwendung des IDW-Hinweises ergibt sich ein Auseinanderfallen zwischen Aktiv- und Passivwert. In der Handelsbilanz wird trotz vollständiger Rückdeckung der Pensionszusage eine Unterdeckung von rund 26.000 Euro ausgewiesen. Mit den Vorgaben des IDW-Hinweises wird diese ausgeglichen.
Es besteht ein Wahlrecht, ob die Rechnungsgrundlagen der Rückdeckungsversicherung („Aktivprimat“) oder die Rechnungsgrundlagen des § 253 HGB („Passivprimat“) für die Bewertung des kongruenten Teils verwendet werden. Ist das Wahlrecht einmal ausgeübt, so ist es aus Gründen der Bewertungsstetigkeit regelmäßig auch für die Zukunft so anzuwenden.
Im Ergebnis ergibt sich ein Bilanzbild, das den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entspricht.
Bei bestehenden Pensionszusagen war bisher das Hauptargument für den Abschluss einer zusätzlichen Rückdeckungsversicherung die Schließung vorhandener Finanzierungslücken. Der IDW-Hinweis liefert ein weiteres Argument, wenn neben der Ausfinanzierung der Pensionszusage auch ein bilanzieller Gleichlauf von Aktiv- und Passivseite beim Firmenkunden im Vordergrund steht.
Der neue Bewertungsansatz ist spätestens für Bilanzstichtage ab 31.12.2022 in der Handelsbilanz verpflichtend anzuwenden. Aktuell werden in verschiedenen Fachgremien noch Detailfragen zu den Bewertungsverfahren diskutiert. Dabei stehen Verfahren im Vordergrund, die voraussichtlich keine zusätzlichen Angaben seitens der Versicherer für die Rückdeckungsversicherung benötigen.
Weitere Informationen aus den Fachgremien bzw. konkrete Leitlinien für die praktische Umsetzung des IDW-Hinweises sind für das zweite Quartal in 2022 angekündigt. Deshalb sind konkrete Berechnungen zu den handelsbilanziellen Auswirkungen im Einzelfall zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt möglich.