bAVheute wollte von Dr. Henriette Meissner, Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH, wissen, ob und wie die persönliche Beratung auch beim Sozialpartnermodell gewährleistet werden kann.
bAVheute: Frau Dr. Meissner, ab 1. Januar 2018 tritt das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) und damit auch das Sozialpartnermodell in Kraft. Was ändert sich konkret durch den neuen Durchführungsweg?
Dr. Meissner: Wichtig ist zu betonen, dass das Tarifpartner- oder auch Sozialpartnermodell nur von Tarifvertragsparteien oder über einen Haustarifvertrag in einem Unternehmen vereinbart werden kann. Das bedeutet, dass ein solches Modell erst Anwendung finden kann, wenn ein entsprechender und branchenbezogener Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Damit ist vor Mitte/Ende 2018 aber nicht zu rechnen.
bAVheute: Warum nicht?
Dr. Meissner: Der Gesetzgeber hat den Tarifvertragsparteien einen weiten Gestaltungsrahmen zugestanden. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite werden also zunächst einmal über dessen Ausgestaltung intensiv diskutieren.
bAVheute: Flächendeckende Sozialpartnermodelle werden wir also nicht direkt mit Inkrafttreten des Gesetzes sehen?!
Dr. Meissner: Nein. Es wird eine Zeit dauern, bis die neuen gesetzlichen Möglichkeiten greifen und von den Sozialpartnern umgesetzt werden. Insoweit bleibt es zunächst bei der bisherigen Beratungspraxis durch Vermittler.
bAVheute: Apropos Vermittler – wie sieht seine zukünftige Rolle aus, wenn die Sozialpartner quasi alles unter sich regeln können?
Dr. Meissner: Die Sozialpartner haben die Entscheidungshoheit, das ist richtig. Das beinhaltet auch den Informations- und Beratungsumfang. Daraus ergibt sich eine knifflige Frage, wie eine gewünschte persönliche Beratung honoriert und in den Tarifen kalkuliert werden kann.
bAVheute: Was wäre hier denn denkbar?
Dr. Meissner: Denkbar sind verschiedene Niveaus der Beratungsintensität. Beispielsweise eine rein digitalisierte Beratung, webbasiert oder über eine App. Zum zweiten eine persönliche Beratung nur des Arbeitgebers oder aber eine Beratung beider Seiten, die des Arbeitgebers und Arbeitnehmers. Auch durch die Schaffung eines rechtssicheren Opting-out wird die Digitalisierung zur Information und Versorgung eine stärkere Rolle spielen.
bAVheute: Die betriebliche Altersversorgung ist sehr komplex. Es ist kaum vorstellbar, dass sie ohne eine persönliche Beratung durch qualifizierte Vermittler nachhaltig umgesetzt werden kann.
Dr. Meissner: Das ist eine wichtige Frage beziehungsweise Aufgabe der Tarifpartner – in welchem Umfang eine persönliche Beratung gewünscht und wie das zu honorieren ist. Gerade die Gewerkschaften werden darauf achten, dass die Renditeminderung für Arbeitnehmer infolge der Beratungskosten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
bAVheute: Das Courtageniveau ist durch das LVRG bereits eingeschränkt und das Niedrigzinsniveau bringt den Kostenpunkt regelmäßig auf die Agenda der Anbieter. Heißt es unterm Strich für den Vermittler in jedem Fall weniger Einnahmen?
Dr. Meissner: Nein. Eine Beratung durch qualifizierte Vermittler wird weiterhin gefragt sein. Allerdings in einer effizienteren Form zu vertretbaren Kosten. Eine Standardisierung des Sozialpartnermodells und die digitale Unterstützung der Beratung können hier entlastend wirken. Auch laufende Courtagen könnten eine größere Rolle spielen, was durchaus dazu führen könnte, dass das absolute Vergütungsniveau unterm Strich steigt.