Nicht selten kann eine Entgeltumwandlung einen späteren Anspruch auf Grundrente ermöglichen oder auch verhindern. Was es in der Praxis zu beachten gilt, erklärt bAV-Spezialist Ralf Piro im Gespräch.
Herr Piro, Sie haben in Ihrer Abschlussarbeit zu Ihrer Weiterbildung zum Betriebswirt (bAV) am Campus Institut das Thema „Wechselwirkungen zwischen Entgeltumwandlung und Grundrentenzuschlag und deren Auswirkungen auf die Beratungspraxis“ ausgewählt. Warum gerade dieses Thema?
Dass es bei einer Entgeltumwandlung zu Wechselwirkungen durch das Absenken des sozialversicherungspflichtigen Brutto kommt, ist ja keine Neuigkeit (Beispiel: Arbeitslosengeld I oder Krankengeld). Mit der Einführung der Grundrente kam in diesem Zusammenhang nun ein neues Themenfeld hinzu. Im Rahmen meiner Abschlussarbeit interessierten mich die konkreten Auswirkungen und deren langfristige Folgen für alle Beteiligten, also nicht nur die versorgungsberechtigten Personen, sondern auch die Berater/innen und nicht zuletzt auch die Arbeitgeber. Für die letzten beiden Personengruppen habe ich auch die Haftungsfrage untersucht.
Können Sie kurz darstellen, wie das Zusammenspiel zwischen Entgeltumwandlung und der Grundrente funktioniert?
Um eine Grundrente erhalten zu können, müssen mindestens 33 Jahre (396 Monate) mit Grundrentenzeiten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt sein. Den maximalen Anspruch kann man mit 35 Grundrentenjahren (420 Monate) erhalten. Das besonders Komplexe dabei liegt darin, dass der Anspruch nur dann entstehen kann, wenn der Bruttoverdienst im Grundrentenkorridor liegt. Dieser bemisst sich zwischen 0,3 Entgeltpunkten (zur Zeit.: 973.53 Euro/West – 931.12 Euro/Ost) und 0,8 Entgeltpunkten (zur Zeit: 2.593.40 Euro/West – 2.482.98 Euro/Ost).
Wird dieser Wert durch eine Entgeltumwandlung unterschritten, entfällt ein möglicher Anspruch auf Grundrente. Umgekehrt kann eine Entgeltumwandlung auch dazu führen, den Anwendungsbereich der Grundrente zu erschließen, wenn man z. B. durch die Entgeltumwandlung unterhalb der 0,8 Entgeltpunkten fällt.
Durch diese Beispiele erkennt man recht schnell, welche Komplexität hinter dem Thema steht.
Das bedeutet, dass man sich also aus der Grundrente „hinausumwandeln“ oder umgekehrt auch „hineinumwandeln“ kann?!
Richtig, hier liegt auch mein Ansatz in der Beratung. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen müssen eine sogenannte „wohlinformierte Entscheidung“ treffen. Und dafür benötigen sie diese Informationen. Vor allem durch einen möglichen Wegfall eines Grundrentenanspruchs können nicht unerhebliche Fehlbeträge entstehen. Bei Beispielberechnungen auf Kapitalbasis ergeben sich dabei je nach Alter der Personen schnell hohe fünf- bis sechsstellige Beträge, die bei Nichtberücksichtigung als fehlende Grundrente entstehen können. Diese Berechnungen zeigten somit, dass es hier um ein sehr wichtiges Thema handelt, welches ein fester Bestandteil in jeder bAV-Beratung sein sollte.
Können Sie uns zum Schluss noch eine konkrete Beratungssituation aus Ihrer Praxis schildern, bei der Sie zu diesem Thema tätig wurden – wie haben die Arbeitnehmer reagiert?
In einer durch mich beratenen Arztpraxis erhalten alle Beschäftigten einen festen AG-Anteil zur bAV, die sie mittels Entgeltumwandlung freiwillig aufstocken können. Im konkreten Fall hätte eine teilzeitbeschäftigte Person ihr Bruttogehalt durch eine zusätzliche Entgeltumwandlung so reduziert, dass sie sich einem möglichen Grundrentenanspruch zunichtemacht. Aus diesem Grund habe ich von einer Entgeltumwandlung abgeraten. Dies schaffte im Rahmen der Beratung einen enormen Vertrauensvorschuss.
Als abschließenden Tipp kann ich nur zwingend dazu raten, dieses Thema in jeder Beratung zu berücksichtigen und danach auch in einer Beratungsdokumentation festzuhalten.
Weitere Informationen finden Sie auch hier.