Nachhaltigkeit hat sich zu einem zentralen Baustein der eigenen Zukunftsfähigkeit entwickelt. Für Vermittler ist wichtig, sich auf eine nachhaltigkeitsbezogene Kundenberatung vorzubereiten. Wie das gehen kann, zeigt Versicherungsmaklerin Annegret Heinze in zwei Gastbeiträgen für bAVheute.de. Im ersten Teil geht es um die Transparenzverordnung und Nachhaltigkeitspositionierung.
Transparenzverordnung
Auch im Versicherungswesen sind der Umbruch und Wandel zur Nachhaltigkeit deutlich wahrnehmbar und die Expertenmeinungen und Stellungnahmen der Versicherer häufen sich mit stetig neuen Informationen. Umso wichtiger ist es, dass Vermittler für die nachhaltigkeitsbezogene Kundenberatung vorbereitet sind und dem Kunden die Gegebenheiten am Markt transparent dargestellt werden, um bedarfsgerechte Empfehlungen zu geben.
Hierfür warten viele Vermittler auf die Veröffentlichung der Regulierungsstandards der EU zu den fünf Umweltzielen. Im August 2022 soll die Konkretisierung erfolgen, welche Wirtschaftstätigkeit als nachhaltig einzustufen ist. Damit wäre mit der Klimataxonomie dann das erste von drei Kernthemen der ESG-Kriterien bedient. Eine Sozial-Taxonomie ist angedacht und muss mit einer Konkretisierung einer nachhaltigen Unternehmensführung abgerundet werden. Die aktuelle Lage zeigt, dass Kunden reflektiert mit den Zeitgeschehnissen umgehen und klare Vorstellungen von ihrem eigenen ESG-Beitrag und ihrer Lebensplanung haben. Daher ist es für Vermittler unausweichlich sich mit diesem Themenkomplex auseinanderzusetzen und für die Beratung vorbereitet zu sein.
Da die Regulierungsstandards der Taxonomie im Kern als Orientierungshilfe für die Investitionen der Finanzmarktteilnehmer angedacht sind, ist das Abwarten seitens der Vermittler nicht wirklich eine Option. Vielmehr sollte eine eigene Vermittlerstrategie im Umgang mit Nachhaltigkeitsfaktoren erarbeitet werden.
Diese Reihe soll Anregungen geben, wie eine Umsetzung beim Vermittler erfolgen kann. Dabei steht die Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie im eigenen Unternehmen im Fokus. Diese beinhaltet im Wesentlichen folgende drei Bereiche, die in Wechselwirkung zu einander stehen und einen konkreten Handlungsplan ermöglichen:
- Transparenzverordnung und Nachhaltigkeitspositionierung
- Versicherer- und Produktvergleich (Teil 2 wird demnächst veröffentlicht)
Seit dem 10. März 2021 sind Vermittler verpflichtet bekannt zu geben, ob sie Nachhaltigkeitsrisiken in ihrer Beratung berücksichtigen oder nicht. Vermittler, die sich gegen eine Berücksichtigung positioniert haben bzw. dies zu einem späteren Zeitpunkt tun wollen, sollten mittels einer Nachhaltigkeitsstrategie die verpflichtende Positionierung gem. TVO entsprechend anpassen. Dabei sollte auf folgende Punkte eingegangen werden:
- Nachhaltigkeitsrisiken werden bei der Anlageberatungs- oder Versicherungsberatungstätigkeit berücksichtigt.
- Art und Weise, wie die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren in der Beratung berücksichtigt werden (siehe Versicherer- und Produktvergleich).
- Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren steht im Einklang mit der Vergütungspolitik.
- Regelmäßige Aktualisierung der Angaben.
- Angaben müssen im Einklang mit Marketingmaßnahmen stehen.
- Angaben müssen auf der Internetseite veröffentlicht werden.
Im nächsten Schritt sollte der Fokus auf die Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie gelegt werden. Dies gilt auch für die Vermittler, die sich in einem ersten Schritt auf ihrer Internetseite für die Einbindung von Nachhaltigkeitsfaktoren entschieden haben. Hier empfiehlt sich eine Konkretisierung der Erstinformationen bspw. über einen Nachhaltigkeitsreiter.
Nachhaltigkeitspositionierung
Die Nachhaltigkeitspositionierung ist die Darstellung der eigenen Nachhaltigkeitsstrategie, als Teil der Unternehmensstrategie, gegenüber der Kundschaft. Sie konkretisiert die unternehmenseigene Grundhaltung zur Nachhaltigkeit und deren Einbeziehung und Ausgestaltung in die Kundenberatung. Dem Kunden sollte stets transparent gemacht werden, welche Faktoren der Vermittler in Bezug auf Nachhaltigkeit in sein Arbeitsumfeld integriert hat oder tun wird, ob es Veränderungsprozesse gibt und was der Kunde in der Beratung zu erwarten hat. Da die Transparenzverordnung hier keine Konkretisierung bietet, wie die Aufklärung der Kunden durch die Finanzberater im Detail zu erfolgen hat, sollten Vermittler, analog allgemeiner betriebswirtschaftlicher Vorgaben zur Entwicklung einer Unternehmensstrategie, eigene Grundlagen erstellen. Die Entwicklungsschritte können sich dabei grob an folgendem Schema orientieren:
1. Reflektion der Werte und Grundeinstellungen
Dabei geht es konkret um die Selbstreflektion der eigenen Unternehmenswerte und die kritische Bewertung dessen in Bezug auf Nachhaltigkeitsfaktoren. Was sind die eigenen Motive und was treibt den Vermittler an? Viele Vermittler haben bereits eigene Leitlinien oder Slogans auf Ihren Internetseiten, die die Basis für die Selbstreflektion bilden können.
2. Überprüfung der eigenen Handlungsfelder
Gemeint ist die Analyse im Unternehmen zur aktuellen Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren. Als Einstieg ist die Orientierung an den ESG-Hauptthemen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung sinnvoll. In der Tiefe können einzelne Handlungsfelder, wie Büro, Mobilität, Energie, Arbeitsplatz, Gemeinwesen, Einflussfaktoren von Stakeholdern uvm. überprüft werden. Dies kann auch von einer externen Zertifizierungsgesellschaft begleitet werden.
3. Stellungnahme zu Art und Weise der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken
In diesem Schritt erfolgt die Konkretisierung dahingehend, was der Kunde vom Vermittler konkret erwarten kann bzgl. Versicherer- und Produktvergleich, aber z.B. auch bezogen auf Aspekte wie CO2 reduzierter Beratung durch Videokonferenzen, digitalem Informationsfluss etc.
4. Zielableitung, offene Fragestellungen, Ausblick, Anpassungsprüfung
Ziele sollten definiert und auch Entwicklungsschritte festgehalten werden. Mit einem regelmäßigen Nachhaltigkeitscheck lässt sich prüfen, ob die Maßnahmen im Unternehmen Wirkung entfalten. Hierbei spielt auch eine wesentliche Rolle, inwieweit eine Nachhaltigkeitskommunikation im Unternehmen stattgefunden hat und ob die Mitarbeiter das Thema für sich verinnerlicht haben. Sicherlich ist die frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter, auch durch Einbringung von Nachhaltigkeitsideen, hilfreich für den Prozess.
Inwieweit der Vermittler seine Nachhaltigkeitsstrategie in der Positionierung veröffentlicht, ist individuell zu entscheiden und abhängig von der Tiefe der Ausarbeitung. Der Grad der Tiefe ist dabei dem Unternehmen überlassen. Grundsätzlich gilt allerdings, dass je tiefer die Analyse erfolgt, desto glaubwürdiger ist der Gesamtprozess.