Eine neue Studie des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) zeigt, dass niedrigere Garantieniveaus in der bAV bedarfsgerechter sind.
Das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa), Ulm, hatte im März 2021 eine Studie zu den „Auswirkungen von Garantien auf inflationsbereinigte Chancen und Risiken langfristiger Sparprozesse“ durchgeführt. Dort kam das Studienteam zu dem Ergebnis, dass in der aktuellen Niedrigzinsphase Altersvorsorgeprodukte mit abgesenkten Garantien auch für sicherheitsorientierte Anleger geeignet sind.
Nun legt die ifa nach mit einer zweiten Studie „Auswirkungen von Garantien auf Produkte für die betriebliche Altersversorgung in einem Umfeld niedriger Zinsen“. Diese Studie zeigt u. a., dass im aktuellen Niedrigzinsumfeld niedrigere Garantieniveaus auch für sicherheitsorientierte Menschen sogar bedarfsgerechter sind als hohe.
Hintergrund der neuen Studie ist, dass mit der Rechnungszinsabsenkung zum 1.1.2022 von 0,9 auf 0,25 % eine Garantie von 100 % der Beiträge selbst bei extrem kostengünstigen Produkten mit üblicher Produktkalkulation nicht mehr darstellbar sein wird. Auftraggeber der Studie ist die Allianz Lebensversicherungs-AG.
Die Hauptergebnisse der umfangreichen Studie, die allen bAV-Interessierten als Pflichtlektüre anempfohlen werden kann, sind folgende:
1. Auswirkung der Garantiehöhe auf Renditechancen und das (nominale und reale) Risiko
Je höher die Garantie eines Altersvorsorgeprodukts ist, desto geringer ist der Anteil von Aktien und anderen chancenreichen Kapitalanlagen. Da Aktienrenditen über lange Zeiträume eine positive Korrelation mit der Inflation aufweisen, führt dies dazu, dass es neben den beiden bekannten Auswirkungen von Garantien (nämlich der Reduktion des Renditepotenzials und der Reduktion desjenigen Risikos, das aus den Schwankungen der Aktienmärkte resultiert) noch einen dritten Effekt gibt: Garantien erhöhen dasjenige Risiko, das aus der Inflation resultiert. Ob und in welchen Fällen mehr Garantie auch inflationsbereinigt zu mehr Sicherheit führt, kann daher nur mit quantitativen Analysen beantwortet werden.
ifa hat daher im Rahmen eines stochastischen Simulationsmodells ein marktübliches dynamisches Hybridprodukt mit einer Garantie von 60 % bis 90 % der Beiträge mit einem rein sicherungsvermögenbasierten Produkt mit einer Garantie von 100 % der Beiträge verglichen. Die Berechnungen zeigen, dass eine Garantie von 100 % der Beiträge im aktuellen Umfeld zu einer sehr starken Reduktion der Chancen führt. Umgekehrt reduziert diese Garantie zwar das nominale Risiko – in Bezug auf das relevante reale Risiko wirkt sie hingegen (wenn überhaupt) kaum risikoreduzierend. Im aktuellen Zinsumfeld sind daher niedrigere Garantieniveaus auch für sicherheitsorientierte Menschen bedarfsgerechter als hohe.
2. Besonderheit von BZML und BOLZ in der Rentenphase
Der zweite Teile der Studie ist neu. Zwar ist bei der Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) eine Garantie von 100 % der Beiträge gesetzlich vorgeschrieben. Das Angebot bedarfsgerechter Garantieniveaus ist hier also im Gegensatz zu einer beitragsorientierten Leistungzusage (BOLZ) nicht zulässig.
Doch die unterschiedlichen Zusagearten haben häufig unterschiedliche Ausgestaltungen der Rentenbezugsphase. Denn bei einer BZML ist keine Anpassungsprüfung und Anpassung der Renten nach § 16 BetrAVG nötig (§ 16 Abs. 3 Nr. 3 BetrAVG). So kommen in der Praxis bei der BZML oft sogenannte teildynamische Renten zum Einsatz, in der BOLZ werden hingegen in der Regel sogenannte volldynamische Renten angeboten.
Daher hat ifa in der Studie auch die Rentenbezugsphase analysiert. Dabei wurden folgende Effekte beobachtet:
- Bei einer BOLZ mit abgesenkter Garantie sind die garantierte Rentenhöhe sowie der „Wert“ der Rente mit einer großen Wahrscheinlichkeit höher als bei einer BZML mit 100 % Beitragsgarantie. Diese beiden Größen sind offensichtlich direkt proportional zur Ablaufleistung, sodass sich die Unterschiede, die sich zwischen den Produkten in Bezug auf die Chancen und Risiken der Ablaufleistung ergeben, unmittelbar übertragen.
- Auf die Anfangsrente lassen sich die Effekte aus der Ansparphase allerdings nicht direkt übertragen, denn diese wäre bei gleichem zur Verrentung zur Verfügung stehenden Kapital bei der volldynamischen Rente geringer als bei der teildynamischen Rente. Der Vorteil der BOLZ aus der Ansparphase ist aufgrund des in vielen Fällen höheren Verrentungskapitals allerdings so groß, dass in den meisten betrachteten Fällen die BOLZ- und BZML-Produkte im Mittelwert ähnliche Anfangsrenten aufweisen. Bei den BOLZ-Produkten wird die Rente dann voraussichtlich stärker steigen und kann insbesondere nie sinken.
3. Fazit der ifa-Studie
Insgesamt erscheint das Chance-Risiko-Profil einer BOLZ mit reduzierter Garantie im aktuellen Umfeld auch unter Einbeziehung der Rentenbezugsphase attraktiver als das Chance-Risiko-Profil einer BZML mit 100 % Beitragsgarantie. Im aktuellen Zinsumfeld sind daher niedrigere Garantieniveaus auch für sicherheitsorientierte Menschen bedarfsgerechter als hohe.