Muss ein schwerbehinderter Arbeitnehmer bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Betriebsrente Abschläge hinnehmen, wenn er aufgrund seiner Behinderung eine gesetzliche Vollrente bezieht?
Bei dem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht bezog ein anerkannter Schwerbehinderter seit der Vollendung seines 60. Lebensjahres eine gesetzliche Altersrente und eine Betriebsrente. Die Versorgungsordnung sah ursprünglich vor, dass bei Bezug einer gesetzlichen Vollrente die Betriebsrente ungekürzt bezogen werden konnte. Durch eine Änderung der Versorgungsordnung wurde an dem Grundsatz, dass der Bezug einer gesetzlichen Vollrente zur ungekürzten Betriebsrente berechtigt, nicht gerüttelt. Allerdings wurde als feste Altersgrenze einheitlich die Vollendung des 65. Lebensjahres festgelegt. Eine vorzeitige Inanspruchnahme wurde mit einem Abschlag i.H.v. 0,4 % pro Monat sanktioniert. Dies führte in der Folge zu einer erheblichen Kürzung der Betriebsrente beim ehemaligen Arbeitnehmer.
Richter sahen keine Diskriminierung
Eine Diskriminierung konnten die Richter darin aber nicht sehen, da der Abschlag nicht an die Eigenschaft „schwerbehindert“ geknüpft war. Die Richter argumentierten, dass jeder Arbeitnehmer den Abschlag bei vorzeitiger Inanspruchnahme hinnehmen muss. Dass nur Schwerbehinderte eine gesetzliche Vollrente mit 60 Jahren beanspruchen können und damit zwangsläufig einen Abschlag bei der Betriebsrente hinnehmen müssen, ändert an der fehlenden Diskriminierung nichts. Ob allerdings der ehemalige Arbeitnehmer zu Recht auf den Fortbestand der ursprünglichen Regelung hat vertrauen dürfen, und ob dieses Vertrauen auch schutzwürdig ist, hat nun das Hessische Landesarbeitsgericht zu prüfen. An dieses hat der BAG den Fall zurückverwiesen (BAG, 13.10.2016 – 3 AZR 439/15).