Im
dritten Anlauf hat es nun geklappt: Das Bundesarbeitsgericht (BAG,
Urteil vom 26.4.2018 – 3 AZR 586/16, Pressemitteilung) hatte sich wieder
mit einer wichtigen Praxisfrage zu befassen: Kann ein Arbeitnehmer bei
Geldnot den Arbeitgeber dazu zwingen, seine Direktversicherung zu
kündigen? Mit einem letztlich beliebigen „Kündigungsrecht“ des
Arbeitnehmers wäre auch der sozialpolitische Auftrag der bAV –
Altersarmut zu vermeiden – gefährdet. Denn die Versuchung, heute die
Betriebsrente zu “verfrühstücken”, wenn man plötzlich Geld braucht, wäre
natürlich immer gegeben. Die Frage wurde schon zweimal an das BAG
herangetragen, allerdings wurde die Revision immer zurückgezogen. Nun
kam es zum Schwur und der ging zugunsten der Betriebsrente aus.
Der Fall:
Der
Kläger schloss mit der beklagten Arbeitgeberin im Jahr 2001 eine
Entgeltumwandlungsvereinbarung. Danach war die Arbeitgeberin
verpflichtet, jährlich ca. 1.000,00 Euro in eine zugunsten des Klägers
bestehende Direktversicherung einzuzahlen. Die Versicherung, die von der
Arbeitgeberin durch weitere Beiträge gefördert wird, ruht seit 2009.
Mit seiner Klage verlangte der Kläger von der Beklagten die Kündigung
des Versicherungsvertrags, weil er sich in einer finanziellen Notlage
befinde.
Der Kläger meinte, die beklagte Arbeitgeberin sei nach §
241 Abs. 2 BGB (Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme) verpflichtet,
die Versicherung zu kündigen. Er sei auf die Auszahlung des
Vertragswerts angewiesen, um die Kündigung seiner Baufinanzierung
verhindern zu können. Die Beklagte hat die Kündigung verweigert. Sie sei
nach dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) an der Zustimmung zur Kündigung
gehindert.
Das Urteil:
Der bloße Geldbedarf eines
Arbeitnehmers, für den der Arbeitgeber eine Direktversicherung mit
Entgeltumwandlung abgeschlossen hat, begründet nach Auffassung der
Richter des Pensionssenates für sich genommen keinen Anspruch gegen den
Arbeitgeber, den Versicherungsvertrag gegenüber der
Versicherungsgesellschaft zu kündigen, damit der Arbeitnehmer den
Rückkaufswert erhält.
Der Arbeitnehmer hat auch in einer finanziellen Notlage kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Arbeitgeber. Die im Betriebsrentengesetz geregelte Entgeltumwandlung dient dazu, den Lebensstandard des Arbeitnehmers im Alter zumindest teilweise abzusichern. Mit dieser Zwecksetzung wäre es nicht vereinbar, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen könnte, die Direktversicherung lediglich deshalb zu kündigen, um dem versicherten Arbeitnehmer die Möglichkeit zu verschaffen, das für den Versorgungsfall bereits angesparte Kapital für den Ausgleich von Schulden zu verwenden.
Fazit:
Sozialpolitisch hat das Bundesarbeitsgericht ein wichtiges Zeichen gesetzt für die Bedeutung der Betriebsrente. Arbeitgeber sind damit – endlich – auf der sicheren Seite, wenn sie einer Kündigung des Versicherungsvertrags nicht zustimmen. Das ist auch gut so, denn neben der Kündigung muss auch die Zusage formgerecht abgefunden werden und bis zum Ablauf der 30-jährigen Verjährungsfrist aufbewahrt werden.