Ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) tangiert auch die Prozesse von Information und Beratung zur Einführung von betrieblichen Altersvorsorgesystemen. Das hat wesentliche Auswirkungen für Arbeitgeber und die von Ihnen beauftragen Vermittler.
Das Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung ist normiert im Betriebsrentengesetz. Doch das allein reicht nicht. Hinzu kommt eine Fülle von höchstrichterlichen Entscheidungen (sogenanntes „case law“). Hier liegen die eigentlichen Risiken der betrieblichen Altersversorgung, wenn sich nach Jahren oder Jahrzehnten nach Einrichtung einer Zusage herausstellt, dass der Arbeitgeber mehr schuldet als er plante.
Nun hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 18.2.2020, 3 AZR 206/18, Pressemitteilung) über den möglichen Schadensersatz eines Arbeitgebers wegen der Verletzung von Hinweis- und Informationspflichten zu entscheiden.
Die für die Beitragspflicht maßgeblichen Rechtsgrundlagen traten am 1. Januar 2004 durch Art. 1 Nr. 143 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14. November 2003 in Kraft. Auf Initiative der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen hatte sich der Deutsche Bundestag bereits seit Frühjahr 2003 mit einem entsprechenden Gesetzesentwurf befasst. Der Gesetzesentwurf war durch den Deutschen Bundestag am 9. September 2003 in erster Lesung beraten worden.
Mit seiner Klage begehrte der Betriebsrentner im Wege des Schadensersatzes die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge von seinem Arbeitgeber. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn vor Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung über das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Beitragspflicht auch für Einmalkapitalleistungen informieren müssen. In diesem Fall hätte er eine andere Form der Altersvorsorge gewählt. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte der Klage stattgegeben mit dem Hinweis, dass der eingeschaltete Spezialist der Sparkasse als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers einzuordnen sei. Der Arbeitgeber legte Revision ein.
Parteien müssen eigene Interessen wahren
Nach Auffassung des Pensionssenates muss jede Partei – Arbeitgeber und Arbeitnehmer/innen – zunächst einmal selbst ihre Interessen wahren. Der Arbeitgeber hat keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen.
Es bleibt bei der Linie des Bundesarbeitsgerichts, dass der Arbeitgeber, wenn er informiert, dies richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls haftet der Arbeitgeber für Schäden, die Arbeitnehmer/innen aufgrund der fehlerhaften Auskunft erleidet.
Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet zwischen Auskünften, zu denen der Arbeitgeber verpflichtet ist und „überobligatorischen“ Pflichten. Zu was genau der Arbeitgeber verpflichtet ist, wird zumindest in der Pressemitteilung nicht ausbuchstabiert. Wichtige Hinweise zur Entgeltumwandlung enthielt das Urteil des BAG vom 21.1.2014 (3 AZR 807/11):
- Der Arbeitgeber muss nicht von sich aus auf das Recht auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinweisen.
- Wenn Arbeitnehmer/innen von ihrem Recht auf Entgeltumwandlung Gebrauch machen möchten und auf ihren Arbeitgeber zugehen, muss dieser mitwirken. Dann können den Arbeitgeber Informationspflichten, z. B. über die von ihm beeinflussbaren Faktoren der Entgeltumwandlung (z. B. über den im Unternehmen bislang gewählten Durchführungsweg, seine Bereitschaft, die Entgeltumwandlung über eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds durchzuführen, über die Identität des konkreten Versorgungsträgers, über die Zusageart und die Versorgungs- oder Versicherungsbedingungen des externen Versorgungsträgers), treffen.
- Darüber hinaus lässt der Pensionssenat weitergehende Informationspflichten offen: „Die erkennbaren Informationsbedürfnisse des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers andererseits sind stets zu beachten. Wie groß das Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers ist, hängt insbesondere von der Schwierigkeit der Rechtsmaterie sowie dem Ausmaß der drohenden Nachteile und deren Vorhersehbarkeit ab.“
Gesetzlich sind die Auskunftspflichten im § 4a BetrAVG normiert. Danach hat der Arbeitgeber oder der Versorgungsträger hat den Arbeitnehmer/innen auf deren Verlangen u. a. mitzuteilen, ob und wie eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung erworben wird. Sowohl der Gesetzgeber wie das Bundesarbeitsgericht gehen also davon aus, dass der Arbeitnehmer zunächst die Initiative ergreift.
Im entschiedenen Fall war zum Streitpunkt der Sozialversicherungspflicht, die das BAG als überobligatorisch einordnet, von Seiten des Arbeitgebers gar nicht informiert worden. Also stellte sich auch nicht die Frage, ob eine vollständige und richtige Information auch einen Hinweis auf das laufende Gesetzesverfahren hätte beinhalten müssen.