Was auch immer Du tust, bedenke das Ende. Und das gilt ganz besonders in der bAV. Denn seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (2010) zur Verbeitragung von privat fortgeführten Direktversicherungen nach dem Ausscheiden beim bisherigen Arbeitgeber gilt: Ohne Versicherungsnehmerwechsel muss die Leistung aus dem privat fortgeführten Teil doppelt verbeitragt werden. Erst in der Anwartschaftsphase, dann als Versorgungsbezug in der Rentenphase.
Der Versicherungsnehmerwechsel wurde dann auch im § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V gesetzlich normiert. Er ist zwingende Voraussetzung dafür, dass in der Leistungsphase kein Versorgungsbezug, der verbeitragt werden muss, vorliegt.
Damit gehört auch zwingend der deutliche Hinweis auf den Versicherungsnehmerwechsel bei Ausscheiden zu den sogenannten anlassbezogenen Beratungspflichten. Wie wichtig das ist, zeigt – einmal wieder – eine aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 13.12.2022, B 12 KK 10/20 R).
Die Vorgeschichte
1977 bis 1980 war der heutige Betriebsrentner als selbständiger Handelsvertreter tätig.
Anschließend war er bis 1994 bei der K Lebensversicherung beschäftigt. Dort wurde er in das Versorgungswerk des hauptberuflichen Außendienstes aufgenommen. In diesem Zusammenhang wurde zum 1.1.1982 ein Versicherungsvertrag abgeschlossen, der 1993 in eine Direktversicherung umgewandelt wurde. Zum 1.7.1993 wurde der Arbeitgeber Versicherungsnehmer. Beide trugen die Beiträge hälftig.
Von 1995 bis 2015 war der heutige Betriebsrentner wieder als selbständiger Handelsvertreter für die K Lebensversicherung (bzw. deren Rechtsnachfolgerin der W Lebensversicherung) tätig.
Ab 1.10.2015 bezieht er eine Altersrente. Am 1.1.2016 wurde die Kapitalzahlung aus der Direktversicherung i.H.v. rund 127.000 Euro fällig. Im Zahlstellenmeldeverfahren hat die K Versicherung ermittelt, welcher Teil der Leistung auf die Zeit entfiel, in der der Arbeitgeber Versicherungsnehmer war (1.7.1993 – 31.12.2015). Daher wurden rund 84.000 Euro als Versorgungsbezug der zuständigen gesetzlichen Krankenkasse gemeldet – dies wurde später auf rund 81.000 Euro reduziert.
Die Argumente des Betriebsrentners
Der streitbare Rentner klagte gegen die Einordnung der Leistung als Versorgungsbezug für die Zeiten als selbständiger Handelsvertreter. Denn es handele es sich bei der Versicherungsleistung um keinen Versorgungsbezug. Sein Arbeitgeber, die K-Lebensversicherung sei nur versehentlich Versicherungsnehmerin geblieben. Die Beiträge habe er auch nicht aus Arbeitsentgelt erbracht, sondern aus bereits versteuerten und verbeitragten Einnahmen. Es fehle an einem betrieblichen Bezug, weil die Direktversicherung nicht mit einem Arbeitgeber bestanden habe.
Zusätzlich führte er die Wirkungen des Ausgleichsanspruchs auf die Auszahlung der Versicherungssumme ins Feld. Im Rahmen der Billigkeit im Sinn des § 89b HGB habe er sich einen beträchtlichen Teil der erhaltenen Lebensversicherung anrechnen lassen müssen.
Das Urteil:
Doch weder das Argument, dass sein ehemaliger Arbeitgeber „versehentlich“ Versicherungsnehmer geblieben sei, noch der Verweis auf die Anrechnung auf den Handelsvertreterausgleich halfen dem Betriebsrentner weiter.
Der zwölfte Senat bleibt bei seiner harten Linie. Entweder Versicherungsnehmerwechsel oder Verbeitragung als Versorgungsbezug. Der Kläger hatte mit seiner Revision keinen Erfolg.
Versicherungsnehmerwechsel ist Pflicht
Als Leistung der betrieblichen Altersversorgung ist die ihm ausgezahlte Direktversicherung beitragspflichtiger Versorgungsbezug, soweit die frühere Arbeitgeberin Versicherungsnehmerin war. Dass die Direktversicherung durch Umwandlung entstanden ist und der Kläger ab 1.1.1995 wieder als selbstständiger Handelsvertreter tätig war, ändert daran nichts. Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerfG ist es zur Einordnung als Leistung der betrieblichen Altersversorgung notwendig, aber auch ausreichend, dass der Durchführungsweg der Direktversicherung gewählt und der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts genutzt wird. Diesen hat der klagende Betriebsrentner mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit nicht verlassen. Denn dem Tätigkeitswechsel wurde nicht durch eine Änderung des Versicherungsvertrags, insbesondere einer (Rück-) Übertragung der Eigenschaft als Versicherungsnehmer auf den Kläger, Rechnung getragen.
Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch ist nicht relevant
Und auch die Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch führte nicht weiter:
Die Reduzierung des dem Kläger nach dem Ende seiner Tätigkeit als Handelsvertreter zustehenden Ausgleichsanspruchs nach § 89b Abs 1 Satz 1 HGB um die von der früheren Arbeitgeberin erbrachten Altersvorsorgeleistungen wirkt sich weder dem Grunde noch der Höhe nach auf die Beitragspflicht aus. Zwischen Ausgleichsanspruch und Kapitalleistung besteht kein unmittelbarer beitragsrechtlicher Zusammenhang. Wirtschaftlich gesehen kann eine Anspruchskürzung zwar zur Folge haben, dass die Direktversicherung überwiegend oder sogar vollständig vom Betroffenen finanziert wird. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG und des BVerfG ist es aber unerheblich, ob der Versorgungsbezug im Einzelfall ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitgebers oder allein auf Leistungen des Arbeitnehmers oder des Bezugsberechtigten beruht, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts gewahrt ist.
Fazit:
Ohne formellen Versicherungsnehmerwechsel kann es teuer werden! 2023 ist ein kinderloser, gesetzlich Versicherter mit rund 20 % Beitragssatz „dabei“. Der Hinweis auf den Versicherungsnehmerwechsel bei einem Ausscheiden mit anschließender privater Fortführung bleibt daher für eine Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds ein essentieller Beratungshinweis, der auch entsprechend dokumentiert werden sollte.