Dynamischer Freibetrag statt Freigrenze in der Verbeitragung
Es soll für Betriebsrentner ein dynamischer Freibetrag i.H.v. 155,75 Euro kommen. Dieser Sockelbetrag wird dann nicht zur Verbeitragung herangezogen. Bisher handelte es sich um eine Freigrenze, d. h. bei Überschreiten i.H.v. 1 Cent, entfiel die Freigrenze. Gezahlt wird das aus den Mitteln der GKV (und nicht aus Steuermitteln).
Bei der bisherigen Regelung in § 226 Abs. 2 i.V.m. 237 SGB V fallen auch andere Einkünfte, z. B. Arbeitseinkommen, das sind z. B. Einkünfte aus Photovoltaik oder Windkraft, unter die Freigrenze. Es steht zu hoffen, dass der Freibetrag ausschließlich für die Betriebsrente gilt, damit es nicht zu neuen Benachteiligungen kommt. Nach den Verfahrensgrundsätzen Selbstzahler steht die Freigrenze den freiwillig Versicherten nicht zu. Erfolgt keine Anpassung, steht ggf. auch der Freibetrag nur gesetzlich Pflichtversicherten zu.
Hier der Wortlaut der Vereinbarung: „In der GKV zählen Betriebsrenten sowie Kapitalauszahlungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) zu den beitragspflichtigen Versorgungsbezügen. Auf diese werden Beiträge nach dem allgemeinen Beitragssatz erhoben, die die Rentner allein zu tragen haben. Um die Akzeptanz für und das Vertrauen in die betriebliche Altersvorsorge zu stärken, wollen wir das ändern. Daher wird die geltende Freigrenze für Versorgungsbezüge in Höhe von 155,75 Euro monatlich wie bisher in einen dynamisierten Freibetrag umgewandelt. Ein Freibetrag schafft für alle pflichtversicherten Betriebsrentenempfänger Entlastung. Rund 60 % der Betriebsrentner zahlen damit de facto maximal den halben Beitragssatz, die weiteren 40 % werden spürbar entlastet. Die Mindereinnahmen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro jährlich in der GKV werden vollständig aus Mitteln der GKV finanziert. Zur Einphasung in die allgemeine Einnahmen- und Ausgabenentwicklung werden aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds im Jahr 2021 – 900 Millionen Euro, im Jahr 2022 – 600 Millionen Euro und im Jahr 2023 – 300 Millionen Euro entnommen.“
Verbesserung bei der Förderung von Geringverdienern nach § 100 EStG
Die bisher selten in Anspruch genommene Förderung für Geringverdiener nach § 100 EStG soll nochmals verbessert werden: Der bAV-Förderbeitrag soll von maximal 144 Euro auf 288 Euro angehoben werden.
Wortlaut: „Als Anreiz für die Verbreitung der zusätzlichen arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung bei Geringverdienern (2.200 Euro brutto/Monat) wird der bAV-Förderbetrag von maximal 144 Euro auf 288 Euro angehoben.“
Einführung der Grundrente in der Rentenversicherung
Nach dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD soll eine Grundrente in der Rentenversicherung eingeführt werden, um die Lebensleistung von Menschen anzuerkennen, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt haben. Die Grundrente soll auch einen Beitrag zum Schutz vor Altersarmut leisten. Der Koalition ist es ein Anliegen, dass dabei auch die besonderen Lebenslagen im Osten berücksichtigt werden. Die Grundrente wird für Bestands- und für Neurentner zum 1.1.2021 eingeführt. Bis zum 31.12.2025 wird durch die Bundesregierung evaluiert, ob die formulierten Ziele erreicht wurden.
Freibetrag bei der Grundsicherung auch für die gesetzliche Rente
Bei Grundsicherung im Alter wird nun für die gesetzliche Rente – analog zur privaten und betrieblichen Vorsorge – ein Freibetrag eingeführt (wahrscheinlich in § 82 SGB XII): Für Rentnerinnen und Rentner, die 35 Jahre Beitragsjahre geleistet haben und Grundsicherung im Alter beziehen, wird künftig ein Freibetrag für das Einkommen aus der gesetzlichen Rente in der Grundsicherung in Höhe von 100 Euro zuzüglich 30 % der darüber hinaus gehenden Ansprüche aus der gesetzlichen Renten bis maximal 50 % der Regelbedarfsstufe 1 (analog und zusätzlich zur bestehenden Regelung für Einkommen aus betrieblicher und privater Vorsorge; aktuell: 212 Euro) eingeführt.
Zuschlag zur Rente für Niedrigrentner:
Rentnerinnen und Rentner, die 35 Beitragsjahre geleistet haben und deren Beitragsleistung unter 80 %, aber über 30 % des Durchschnittseinkommens liegt (=Durchschnittswert an Entgeltpunkten zwischen 0,3 und 0,8 – 0,3 Entgeltpunkte = 972,60 Euro p. m. bzw. 0,8 Entgeltpunkte 2593 Euro p. m.), erhalten in Zukunft mit der Grundrente einen Zuschlag. Dazu wird die Rente für höchstens 35 Jahre auf das Zweifache des Entgeltpunkte-Durchschnittswertes, jedoch maximal auf 0,8 Entgeltpunkte hochgewertet. Zur Stärkung des Äquivalenzprinzips wird der Zuschlag sodann um 12,5 % reduziert.
Die 35 Jahre Grundrentenzeiten setzen sich zusammen aus Pflichtbeitragszeiten für versicherte Beschäftigung und Tätigkeit, Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Kindererziehung, Pflege und aufgrund der Antragspflichtversicherung für Selbstständige, rentenrechtliche Zeiten wegen des Bezugs von Leistungen bei Krankheit und Rehabilitation, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und Pflege sowie Ersatzzeiten.
Bedarfsprüfung: Der Zugang zur Grundrente erfolgt über die Feststellung des Bedarfes. Dazu findet eine umfassende Einkommensprüfung statt. Dabei gilt ein Einkommensfreibetrag in Höhe von 1.250 Euro für Alleinstehende und 1.950 Euro für Paare, unabhängig von der Veranlagungswahl. Gleich hohe Renten sollen gleich behandelt werden. Daher wird das zu versteuernde Einkommen unter Hinzurechnung des steuerfrei gestellten Anteils der Rente und aller Kapitalerträge zugrunde gelegt. Im Falle eines Rentenbezuges im Ausland ist für die Leistungsgewährung ein äquivalenter Einkommensnachweis Voraussetzung.
Wie in der Grundrente Kapitallebensversicherungen mit unterschiedlichen Auszahlungsweisen vergleichbar berücksichtigt werden, ist im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zu klären.
Gleitzonen: Um harte Abbruchkanten bei der Leistungsgewährung zu vermeiden, werden wir sowohl beim Einkommensfreibetrag als auch bei den Grundrentenzeiten eine kurze, wirksame Gleitzone einführen.
Automatische Prüfung: Die Grundrente soll unbürokratisch ausgestaltet werden. Der Einkommensabgleich erfolgt automatisiert und bürgerfreundlich durch einen Datenaustausch zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden. Die zuständigen Ministerien unter Federführung des BMAS werden sicherstellen, dass das Verfahren zum elektronischen Abgleich rechtzeitig zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Verfügung steht.
Freibetrag zum Wohngeld: Flankierend zur Grundrente wird außerdem ein Freibetrag beim Wohngeld im Volumen von ca. 80 Mio. Euro eingeführt, damit die Verbesserung in der Rente nicht durch eine Kürzung des Wohngeldes aufgehoben wird.
Finanzierung: Die Freibeträge in der Grundsicherung, beim Wohngeld und die Grundrente werden aus Steuern und ohne Beitragserhöhung in der Rentenversicherung finanziert. Entsprechend dazu wird der Bundeszuschuss in der allgemeinen Rentenversicherung erhöht. Als einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der Maßnahmen wird die im Koalitionsvertrag vereinbarte Finanztransaktionssteuer eingeführt.
Die Grundrente kommt zum 1.1.2021. In der Betriebsrente wird endlich das Thema Verbeitragung angegangen. Zwar nur mit der kleinen Lösung, aber immerhin. Wann dies umgesetzt wird, wird sich im Gesetzgebungsverfahren zeigen.