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Bundesarbeitsgericht zu einseitigen Kapitalwahlrechten des Arbeitgebers

Zweimal hatte das Bundesarbeitsgericht (Urteile vom 17.1.2023, 3 AZR 501/21 und 220/22) zu entscheiden, ob der Arbeitgeber einseitig über die Zahlung einer Betriebsrente als Kapitalleistung anstelle einer Rente entscheiden kann. Dies ist eine häufigere Konstellation insbesondere bei Pensionszusagen und Unterstützungskassenzusagen. Der Arbeitgeber kann sich bis zum Versorgungsfall offenhalten, ob er z. B. die Risiken der Langlebigkeit oder der Inflationsanpassung durch Zahlung einer Kapitalabfindung vermeiden möchte.

Bild von Dr. Henriette Meissner
Dr. Henriette Meissner, Die Stuttgarter
20.01.2023
Bundesarbeitsgericht zu einseitigen Kapitalwahlrechten des Arbeitgebers
Dr. Henriette Meissner © Thomas Bernhardt

Zweimal hatte das Bundesarbeitsgericht (Urteile vom 17.1.2023, 3 AZR 501/21 und 220/22) zu entscheiden, ob der Arbeitgeber einseitig über die Zahlung einer Betriebsrente als Kapitalleistung anstelle einer Rente entscheiden kann. Dies ist eine häufigere Konstellation insbesondere bei Pensionszusagen und Unterstützungskassenzusagen. Der Arbeitgeber kann sich bis zum Versorgungsfall offenhalten, ob er z. B. die Risiken der Langlebigkeit oder der Inflationsanpassung durch Zahlung einer Kapitalabfindung vermeiden möchte.

Der erste Fall: Retour an das Landesarbeitsgericht

Der Hintergrund des ersten Falls (BAG, Urteil vom 17.1.2023, 3 AZR 501/21) war, dass schon 1997 in der Versorgungszusage vereinbart war, dass anstelle einer monatlichen Altersrente in Höhe vo 2.000 DM ab dem 65. Lebensjahr die Firma stattdessen eine einmalige Kapitalabfindung zahlen kann (einseitiges Kapitalwahlrecht: „Die Firma behält sich vor, anstelle der Renten eine einmalige Kapitalabfindung zu zahlen“).

Die Rechtsnachfolgerin und der Anwärter vereinbarten 2005 in einem Nachtrag erneut diesen Vorbehalt, dem nun einige Parameter zur Berechnung hinzugefügt wurden. Die Klausel lautete in erweiterter Form nunmehr: „Die Firma behält sich vor, anstelle der Renten eine wertgleiche, einmalige Kapitalabfindung zu zahlen, hierdurch erlöschen sämtliche Ansprüche aus dieser Versorgungszusage. Die Höhe der einmaligen Kapitalzahlung entspricht dem Barwert der künftigen Versorgungsansprüche und -anwartschaften, ermittelt nach den Rechnungsgrundlagen des versicherungsmathematischen Gutachtens über die Höhe der ertragssteuerlich zulässigen Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG zum letzten Bilanztermin vor der Abfindung.“ Im undatierten Anhang, der nicht unterschrieben wurde, zu einem Dienstvertrag war dann nur noch von der Rente die Rede.

2018 schied der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis aus. 2020 zog der Arbeitgeber die Klausel und teilte mit, dass er an Stelle der monatlichen Rente eine Kapitalabfindung in Höhe von rund 153.000 Euro leisten werde. Dagegen klagte der Betriebsrentner. Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied zugunsten des Arbeitgebers (Urteil vom 11.8.2021, 4 Sa 221/21). Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm zwar auf, verwies allerdings die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück.

Der zweite Fall: Zahlung der Rente nötig

Der zweite Fall (BAG, Urteil vom 17.1.2023, 3 AZR 220/22) war anders gelagert. Die Arbeitnehmerin hatte eine Zusage über eine rein arbeitgeberfinanzierte Versorgung über eine pauschaldotierte Unterstützungskasse erhalten. Die Unterstützungskasse hatte schon 2000 der Arbeitnehmerin mitgeteilt, dass die Versorgungskasse sich vorbehält, „anstelle einer laufenden Rente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der 10-fachen Jahresrente zu zahlen.“ Es kann vermutet werden, dass sich die Höhe der Kapitalabfindung aus der steuerlichen Umrechnung einer Unterstützungskassenrente in Kapital ableitete.

2017 war es soweit: die Zusage wurde fällig und die Auszahlung erfolgte über den Arbeitgeber, der der ehemaligen Arbeitnehmerin 106.476 Euro (nach Abzug von Lohn- und Kirchensteuer überwies, die monatliche Verbeitragung erfolgt direkt durch den Arbeitnehmer). Doch die Arbeitnehmerin wollte das Geld in dieser Form nicht und veranlasste prompt die Rücküberweisung. Sie wollte stattdessen die Rentenzahlung und widersprach der Kapitalabfindung. Sie stieß sich daran, dass formal die Unterstützungskasse die Kapitalzahlung hätte geltend machen müssen und führte zusätzlich an, dass die Leistung steuerfrei hätte gezahlt werden müssen.

Dagegen klagte der Arbeitgeber. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 6.4.2022, 12 Sa 1068/21) entschied zugunsten der Betriebsrentnerin. Das Bundesarbeitsgericht wies am 17.1.2023 die Revision des Arbeitgebers zurück. Damit muss der Arbeitgeber die Rente zahlen.

Fazit

Es sind die Urteilsbegründungen abzuwarten. Denn erst die Auswertung der Begründungen des Bundesarbeitsgerichts kann eine Grundlage dafür liefern, ob überhaupt einseitige Kapitalwahlrechtsklauseln zulässig sind und wie sie gegebenenfalls wirksam ausgestaltet werden können.

Bild von Dr. Henriette Meissner

Beitrag von:

Dr. Henriette Meissner

Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH und Generalbevollmächtigte für die bAV der Stuttgarter Lebensversicherung a.G.

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