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Bundessozialgericht sieht nicht immer einen Versorgungsbezug bei Direktversicherungen: Kinder und Lebensgefährten könnten profitieren

Handelt es sich um einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug, wenn eine erwachsene, erwerbstätige Tochter, bei der die Eltern nicht unterhaltspflichtig sind eine (Kapital)Leistung aus einer Direktversicherung als Hinterbliebene des verstorbenen Vaters erhält?

Bild von Frank Wörner
Frank Wörner, Die Stuttgarter
25.09.2019
Bundessozialgericht sieht nicht immer einen Versorgungsbezug bei Direktversicherungen: Kinder und Lebensgefährten könnten profitieren
© Shutterstock | fizkes

Handelt es sich um einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug, wenn eine erwachsene, erwerbstätige Tochter, bei der die Eltern nicht unterhaltspflichtig sind eine (Kapital)Leistung aus einer Direktversicherung als Hinterbliebene des verstorbenen Vaters erhält?

Vor dieser Frage stand das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 26.2.2019, B 12 KR 12/18 R. Denn § 229 SGB V stellt auf den Versorgungszweck ab, in dem das Gesetz wie folgt formuliert: „Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, …“

Ist dieser Versorgungszweck gegeben, wenn eine erwachsene, erwerbstätige Tochter, bei der die Eltern nicht unterhaltspflichtig sind, eine Hinterbliebenenleistung aus einer Direktversicherung erhält?

Das BSG meinte für diesen Fall „nein“ und argumentierte, dass es für einen auf Hinterbliebenenversorgung gerichteten Versorgungszweck genügt es nicht, dass dem früheren Arbeitnehmer in dem von seinem Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherungsvertrag vertraglich auch Leistungen der Hinterbliebenenversorgung zugesagt wurden und der Empfänger der Leistung über ein eigenes Bezugsrecht im Todesfall verfügt.

Vielmehr muss die Leistung u. a. „zur Hinterbliebenenversorgung erzielt“ worden sein.

Handelt es sich bei der Hinterbliebenen um ein Kind i.S. von § 48 SGB VI (Voraussetzungen der GRV für eine Waisenrente), wird eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung bei typisierender Betrachtung nicht mehr zur Hinterbliebenenversorgung erzielt, wenn sie im Zeitpunkt des Versicherungsfalls die nach § 48 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI vorgesehene Höchstaltersgrenze von 27 Jahren überschritten hat. Das BSG orientiert sich also daran, ob Hinterbliebene einen Anspruch auf gesetzliche Waisen- oder Witwenrente haben. Ist dies nicht der Fall, ist der Zweck der Hinterbliebenenleistung nicht mehr eine Versorgung mit dem Ergebnis, dass kein beitragspflichtiger Versorgungsbezug vorliegt. 

Da die Hinterbliebene im zu entscheidenden Fall älter als 27 war, und somit keinen Anspruch mehr auf Waisenrente hatte, war der Versorgungszweck und damit die Beitragspflicht nicht mehr gegeben und die Hinterbliebenenleistung kein Versorgungsbezug nach § 229 SGB V.

Interessant an dem Urteil ist, dass die Voraussetzungen für eine gesetzliche Hinterbliebenenrente nicht nur bei Kindern, sondern z. B. auch bei Lebenspartnern entfallen kann bzw. erst gar nicht vorliegt. Das hätte zur Folge, dass deren Hinterbliebenenleistungen nicht beitragspflichtig nach § 229 SGB V wären. Eine Ausnahme gilt allerdings für freiwillig Versicherte, da bei ihnen die Beitragsverfahrensgrundsätze für Selbstzahler greifen.

Möglichkeiten, dass kein Versorgungsbezug bei Hinterbliebenen vorliegt

Besteuerung nachArt des HinterbliebenenGRV-Hinterbliebenenrente nach SGB VI**
§§ 40 a.F., 3 Nr. 63, 100 EStGEhegatte/ -in bzw. Lebenspartner/ -inRegelmäßig ja; Ausnahmetatbestand, z. B. Versorgungsehe prüfen!
§§ 40 a.F., 3 Nr. 63, 100 EStGEhemaliger Ehegatte/ -in bzw. Lebenspartner/ -inRegelmäßig nein; Ausnahmetatbestand, z. B. Erziehungsrente* prüfen!
§§ 40 a.F., 3 Nr. 63, 100 EStGNicht-ehelicher Lebensgefährte/ -in in häuslicher Gemeinschaft und mit entsprechender BestätigungNein
§§ 40 a.F., 3 Nr. 63, 100 EStGKinder im Sinne des § 32 Abs. 3, 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 5 EStG (Voraussetzungen für Kindergeldbezug erfüllt)Prüfen, ob Voraussetzungen für eine Waisenrente nach § 48 SGB VI vorliegen
§§ 40 a.F., 3 Nr. 63, 100 EStGFaktische Stief- und Pflegekinder, auch Enkel/ Geschwister, die im Haushalt aufgenommen wurden, mit entsprechender BestätigungPrüfen, ob Voraussetzungen für eine Waisenrente nach § 48 Abs. 3 SGB VI vorliegen
§ 40b EStG a.F.Andere fremde DritteRegelmäßig nein
§ 40b EStG a.F.Kinder, die keine Kinder im Sinne des § 32 Abs. 3, 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 5 EStG sind bzw. keine faktischen Stief- und Pflegekinder im steuerlichen SinnePrüfen, ob Voraussetzungen für eine Waisenrente nach § 48 SGB VI vorliegen
§ 40b EStG a.F.Nicht eheliche Lebensgefährten ohne HaushaltsgemeinschaftNein

* Erziehungsrente wird ggf., aufgrund des eigenen Rentenanspruchs an Geschiedene, die ein Kind erziehen, nach Tod des geschiedenen Partners gezahlt
**Offen bleibt die Einstufung von Personenkreisen, die nicht gesetzlich rentenversichert sind, z. B. berufsständisch Versorgte

Bild von Frank Wörner

Beitrag von:

Frank Wörner

Jurist Grundsatzfragen Recht bAV, Die Stuttgarter

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