Das Bundesarbeitsgericht prüfte, ob der PSV für die beim Arbeitgeber bestehende Auffüllungsverpflichtung einer Pensionskassenrente einstehen muss, wenn er insolvent ist.
Der Hintergrund der Entscheidung
Bei Pensionskassen gibt es keine Insolvenzsicherung über den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV). Und somit tritt der Arbeitgeber bei Defiziten, z. B. aufgrund von Leistungskürzungen der Pensionskasse, als „Sponsor“ ein. Dem trägt – zumindest momentan – die neue EbAV II-Richtlinie Rechnung.
Gleichzeitig kennt der Durchführungsweg Pensionskasse aber auch keine Auffanglösung im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers. Das Betriebsrentengesetz schützt Pensionskassenrenten und auch defizitäre Pensionskassenrenten nicht, wenn der Arbeitgeber insolvent wird. In einer Zeit, wo viele Pensionskassen – ausweislich der jüngeren Äußerungen der BaFin – in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage sind und nicht nur für den Neuzugang geschlossen, sondern auch ihre Sanierungsklauseln „ziehen“ und Leistungen kürzen müssen, fragen sich manche Arbeitnehmer, wie sicher seine Betriebsrente noch ist.
Mit dieser Frage hatte sich das Bundesarbeitsgericht (Vorlagebeschluss vom 20.2.2018, 3 AZR 142/16 (A) zu beschäftigen und legte schließlich den Fall dem Europäischen Gerichtshof vor. Dessen Entscheidung hat das Potential, die Landschaft der bAV in Deutschland grundlegend zu verändern.
Der Fall:
Der Kläger bezieht u.a. eine Pensionskassenrente, die von der Pensionskasse aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten gekürzt wird. In der Vergangenheit hat die frühere Arbeitgeberin des Klägers diese Leistungskürzungen aufgrund ihrer gesetzlichen Einstandspflicht nach §1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG ausgeglichen. Nachdem die Arbeitgeberin zahlungsunfähig geworden ist, fordert der Kläger, dass der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung für die Leistungskürzungen der Pensionskasse eintritt.
Der PSV geht regelmäßig davon aus, dass er aufgrund der gesetzlichen Lage im Durchführungsweg Pensionskasse nicht leistungspflichtig ist, auch wenn der Arbeitgeber mit einer Art „Pensionszusage“ die defizitäre Betriebsrente auffüllen muss. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben.
So urteilte das Bundesarbeitsgericht
Das Gericht unterschied zwischen nationalem und europäischem Recht. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass das nationale Recht keine Eintrittspflicht des PSV für Kürzungen von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vorsieht, wenn die Leistungen im Durchführungsweg Pensionskasse erbracht werden.
Nach europäischem Recht waren sich die Richter nicht so sicher. Denn sie sahen Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG möglicherweise für anwendbar mit der Folge, dass der PSV eventuell doch einstehen muss. Denn Artikel 8 verlangt, dass „die Mitgliedstaaten (sich) vergewissern, dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer sowie der Personen, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers aus dessen Unternehmen oder Betrieb bereits ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer erworbenen Rechte oder Anwartschaftsrechte auf Leistungen bei Alter, einschließlich Leistungen für Hinterbliebene, aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der einzelstaatlichen gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit getroffen werden.“
Jetz ist der EuGH am Zug
Das BAG wandte sich völlig zu Recht an den EuGH, der sich nun mit folgenden Fragen auseinandersetzen wird:
1. Ist Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG auch auf Sachverhalte anwendbar ist, in denen – wie vorliegend – ein Arbeitgeber aufgrund eigener Zahlungsunfähigkeit die Kürzungen der Pensionskassenrente nicht ausgleichen kann?
2. Unter welchen Voraussetzungen ist nach Art. 8 der Richtlinie ein staatlicher Insolvenzschutz gewährleistet?
3. Entfaltet Art. 8 unmittelbare Geltung mit der Folge, dass sich der Arbeitnehmer deshalb auch gegenüber dem PSV auf Art. 8 berufen kann?
Fazit:
Die Antworten auf die Fragen werden spannend und möglicherweise richtungsweisend sein. Sollte der Kläger am Ende Recht bekommen, so können sich einerseits diejenigen mit defizitären Betriebsrenten und Insolvenz des Arbeitgebers freuen – sofern die Ansprüche nicht verjährt sind. Andererseits könnte es absehbar für die Durchführungswege Direktversicherung und Pensionskasse zur PSV-Pflicht kommen.