Unterliegt die Entgeltumwandlung den gleichen Regeln wie eine arbeitgeberfinanzierte Versorgung? Der erste Senat des BFH hat für die Entgeltumwandlung und das Outsourcing bei beherrschenden GGF für deutlich mehr Rechtssicherheit gesorgt.
Beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer (bGGF) sind eine ganz besondere Zielgruppe. Eine Zielgruppe, die voll im Visier der Finanzverwaltung liegt. Denn immer steht der Verdacht der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) im Raum. Nun hatte sich der BFH (Urteil vom 7.3.2018, I R 89/15) mit zwei wesentlichen Fragen zur GGF-Versorgung und dem Vorliegen einer vGA auseinanderzusetzen. Der Streit fokussierte auf das Thema Erdienbarkeit.
Dabei stellten sich unter anderem die Fragen, ob die Entgeltumwandlung den gleichen Regeln wie eine arbeitgeberfinanzierte Versorgung unterliegt? Beginnen mit einem Outsourcing die Erdienbarkeitsfristen immer neu?
Zur Erinnerung: Bei einem bGGF geht der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine Versorgungszusage nur erteilen würde, wenn der bGGF noch mind. 10 Jahre dafür seine Arbeitsleistung zur Verfügung stellt.
Der Fall:
Die Klägerin und Revisionsbeklagte, eine GmbH, zahlte ihrem Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer (bGGF), dem im April 1952 geborenen G, aufgrund eines Anstellungsvertrages seit dem Juli 1995 ein Grundgehalt in Höhe von 10.000 DM (entspricht 5.113 EUR). Dieses blieb in der Folgezeit unverändert und wurde mit Wirkung ab Januar 2010 – moderat – auf 5.750 EUR angehoben. Die GmbH hatte dem bGGF im Jahre 1994 zudem die Zusage gegeben, ihm bei Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren 60 % seines letzten Grundgehalts als Altersrente zu zahlen.
Diese Zusage wurde im Juni 2010 outgesourct: Hinsichtlich des zu diesem Zeitpunkt noch nicht erdienten Teils der Pension (sog. future service) wurde der Durchführungsweg der Altersversorgung auf eine rückgedeckte Unterstützungskassenzusage (Unterstützungskassenzusage 1) wertgleich umgestellt. Die GmbH entrichtete in der Folge Beiträge an die Unterstützungskasse. Hinsichtlich des bereits erdienten Teils blieb es bei der Direktzusage. Das Betriebsstättenfinanzamt passte daraufhin richtigerweise die Pensionsrückstellung an, ließ jedoch den Betriebsausgabenabzug für die Zahlungen an die Unterstützungskasse zu.
Zusätzlich kam es zu einer Entgeltumwandlung: Die GmbH verbesserte die betriebliche Altersversorgung des bGGF im August 2010 mit einer zusätzlichen Unterstützungskassenzusage (Unterstützungskassenzusage 2). Hierzu trafen der bGGF und die GmbH eine „Vereinbarung Entgeltumwandlung über Unterstützungskasse“, wonach dessen monatliches Grundgehalt um 2.070 EUR ab September gekürzt wurde und die GmbH die gekürzten Gehaltsanteile der Unterstützungskasse N zuwendete. Die GmbH als Arbeitgeberin hatte dafür zu sorgen, dass die Unterstützungskasse dem bGGF eine Versorgungszusage erteilt und mit den ihr zugewendeten Gehaltsteilen eine zugunsten des bGGF zu verpfändende Rückdeckungsversicherung abschließt. Die Vereinbarung wurde umgesetzt. Die GmbH behandelte die Beitragszahlungen an die Unterstützungskasse als Betriebsausgaben.
Dem folgte das Finanzamt nicht. Es war der Auffassung, dass sich der zum Zeitpunkt der Zusage bereits 58 Jahre alte G die zusätzliche Altersversorgung (Unterstützungskassenzusage 2) nicht mehr erdienen könne. Die Zahlungen an die Unterstützungskasse seien durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (KStG) nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen (verdeckte Gewinnausschüttungen/ vGA). Gegen diese Entscheidung klagte die GmbH.
Das Urteil:
Das Urteil gibt in zwei Leitsätzen die großen Linien vor:
1. Werden bestehende Gehaltsansprüche des Gesellschafter-Geschäftsführers in eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt, dann scheitert die steuerrechtliche Anerkennung der Versorgungszusage regelmäßig nicht an der fehlenden Erdienbarkeit.
2. Wird bei einer bestehenden Versorgungszusage lediglich der Durchführungsweg gewechselt (wertgleiche Umstellung einer Direktzusage in eine Unterstützungskassenzusage), so löst das allein keine erneute Erdienbarkeitsprüfung aus.
Einige wichtige Auszüge aus der Urteilsbegründung:
1. Das Thema der Erdienbarkeit ist ein wichtiges Indiz für das Vorliegen einer vGA. Erdienbarkeit ist nach Auffassung des ersten Senates nicht nur für Pensionszusagen, sondern auch für die mittelbaren Durchführungswege von Bedeutung. Beispielhaft wird hier die Unterstützungskasse genannt. Es könnte auch für eine Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds gelten. Darauf weist das „z.B.“ hin: „Diese auf die steuerrechtliche Beurteilung von Direktzusagen entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind auf mittelbare Versorgungszusagen, wie z.B. rückgedeckte Unterstützungskassenzusagen, grundsätzlich übertragbar.“ (Rz 14) Damit stellt sich gleich anschließend auch die Frage, ob andere Indizien, wie z.B. Warte- und Probezeiten, auch für mittelbare Durchführungswege Wirkung entfalten.
2. Für eine Unterstützungskassenversorgung gelten die Grundsätze zur vGA, die der BFH für Pensionszusagen entwickelt hat, in vollem Umfang. Denn gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4d Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Zuwendungen an eine Unterstützungskasse von dem Unternehmen, das die Zuwendungen leistet (Trägerunternehmen), als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit die Leistungen der Kasse, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem betrieblich veranlasst waren. Nach dieser gesetzlichen Vorgabe kommt es darauf an, ob bei gedachten unmittelbaren Versorgungszahlungen des Trägerunternehmens die betriebliche Veranlassung gegeben wäre.
3. Diese Grundsätze zur vGA bei einer Versorgungszusage gelten gleichermaßen bei der Erhöhung einer bereits erteilten mittelbaren Versorgungszusage.
4. Der erste Senat schließt sich der Auffassung an, dass es auf die Erdienbarkeit nicht ankommt, wenn die Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung vom Arbeitnehmer finanziert wird. Dies gilt für jede Form der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung!
5. Kernargument ist, dass bei der Entgeltumwandlung der bGGF das Risiko selbst trägt: Der gedachte Geschäftsleiter in einem fiktiven Fremdvergleich wird dem Versorgungswunsch des Arbeitnehmers trotz fehlender Restdienstzeit nicht entgegen treten, weil das von ihm geleitete Unternehmen die finanziellen Folgen einer Zusage nicht trägt. Bei Entgeltumwandlung bestimmt der Arbeitnehmer ausschließlich über sein eigenes künftiges Vermögen, indem er Aktivbezüge zugunsten künftiger Altersbezüge zurücklegt.
Hinweis: Diese Argumentation könnte auch bei den anderen Themen der vGA greifen, z.B. den Warte- und Probezeiten.
6. Der BFH stellt sich damit gegen die Auffassung der Oberfinanzdirektion Niedersachsen vom 15. August 2014 S 2742-259-St 241 zur Entgeltumwandlung.
7. Allerdings muss die Entgeltumwandlungsvereinbarung als solche den Anforderungen des sog. formellen Fremdvergleichs genügen. Im entschiedenen Fall ging es vor allem um die 2010 erfolgte Gehaltserhöhung und die beachtliche Höhe der Entgeltumwandlung. Dazu führte der erste Senat aus, dass der bGGF seine Gestaltungsmacht als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu unüblichen „Gehaltsveränderungen“ im Zusammenhang mit der Versorgungszusage (aus)genutzt hatte. Das verbleibende Grundgehalt (ca. 3.700 EUR) reichte zudem unter Berücksichtigung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes aus, um den laufenden Lebensunterhalt zu decken. Da es für die Entscheidung des Streitfalls nicht darauf ankommt, musste der Senat hier jedoch nicht dazu Stellung nehmen, inwiefern z. B. sprunghafte Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung, die Vollumwandlung des Barlohns mit der Folge einer sog. „Nur-Pension“ oder mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbundene Zusagen einer Prüfung standhalten würden.
Hinweis: Allerdings dürfen diese Ausführungen zu den No-Nos der Entgeltumwandlung durchaus als Fingerzeige des ersten Senates verstanden werden, wo die „rote Linien“ verlaufen!
8. Zuletzt geht der erste Senat auf das Thema ein, ob generell ein Outsourcing eine Neuzusage und damit ein Neuanlaufen der Erdienbarkeitsfristen auslöst, wie dies nach dem Urteil des BFH vom 20.07.2016 (I R 33/15), befürchtet worden war.
9. Zwar hatte der Senat hat in seinem Urteil aus 2016 die tatrichterliche Würdigung einer Änderung des Durchführungswegs als Neuzusage mit der Folge einer (erneuten) Erdienbarkeitsprüfung nicht beanstandet. Doch führt der erste Senat aus, dass er nicht in grundsätzlicher Weise den Rechtssatz aufgestellt habe, dass bei der Umstellung des Durchführungswegs einer ursprünglich betrieblich veranlassten Versorgungszusage stets zu prüfen wäre, ob die Versorgung noch erdient werden kann. Im Grundsatz gilt nach Auffassung des ersten Senates: „Eine erneute Prüfung der Erdienbarkeit der Versorgungszusage ist jedoch … nicht gerechtfertigt, wenn eine bereits bestehende Versorgungszusage ohne finanzielle Mehrbelastung für das Unternehmen geändert wird“.
10. Im aktuell entschiedenen Fall galt für das Outsourcing, dass die Änderung des Durchführungswegs, die den „future service“ betraf, im Juni 2010 mit keiner Zusageerhöhung und damit mit keiner finanziellen Mehrbelastung für die GmbH verbunden (wertgleiche Umstellung) war. Also musste die Erdienbarkeit nicht erneut geprüft werden.
Fazit für eilige Leser:
Es handelt sich hier um eine wegweisende Entscheidung des Bundesfinanzhofes.
1. Jede Entgeltumwandlung, die grundsätzlich dem Fremdvergleich genügt, und damit betrieblich veranlasst ist, ist beim bGGF zulässig und löst keine vGA beim Thema Erdienbarkeit aus. Die Argumentation, dass das wirtschaftliche Risiko beim bGGF liegt und nicht bei der GmbH könnte auch bei den anderen Themenbereichen der vGA greifen. Der BFH liefert sogar klare rote Linien für die Entgeltumwandlung:
- keine vorherige sprunghafte Gehaltsanpassung nach oben,
- keine Nur-Pensions,
- Restgehalt muss für den Lebensunterhalt ausreichen,
- keine Zusagen, die mit Kosten- und Risikosteigerung für das Unternehmen verbunden sind.
2. Ein Outsourcing, bei dem die Zusage wertgleich ohne Mehrbelastung der GmbH nur in einem anderen Durchführungsweg fortgeführt wird, löst keine neuerliche Erdienbarkeitsprüfung aus.
3. Die Grundsätze zur vGA, die der BFH schon seit Jahren für (arbeitgeberfinanzierte) Direktzusagen entwickelt hat, gelten auch für die mittelbaren Durchführungswege. Beispielhaft wird die Unterstützungskasse genannt, die in dem entschiedenen Fall im Vordergrund stand. Doch das „z.B.“ deutet daraufhin, dass die Grundsätze auch für die anderen mittelbaren Durchführungswege – insbes. bei Arbeitgeberfinanzierung – gelten.
Der Bundesfinanzhof hat mit diesem Urteil für die Entgeltumwandlung und das Outsourcing bei bGGF für deutlich mehr Rechtssicherheit gesorgt. Für die mittelbaren Durchführungswege hat der erste Senat (wieder einmal) ein deutliches Warnzeichen gesetzt: Arbeitgeberfinanzierte Versorgungen für bGGF unterliegen – in allen Durchführungswegen – der besonderen, körperschaftsteuerlichen Prüfung mit Blick auf eine vGA.