Kürzt eine Pensionskasse die Leistung, was in Zeiten einer anhaltenden Niedrigzinsphase mittlerweile keine Ausnahmesituation mehr ist, springt in der Regel der Arbeitgeber quasi als “Sponsor” für die gekürzte Leistung ein. Wie ist der Fall aber zu beurteilen, wenn der Arbeitgeber selbst insolvent ist. Muss dann der Pensionssicherungsverein (PSV) dafür einstehen?
Bis zur Entscheidung des EuGH vom 9.12.2019 (Az. C-168/18) blieben Betriebsrentner regelmäßig auf dem Fehlbetrag sitzen. Eine Eintrittspflicht des PSV war weder gesetzlich noch nach gefestigter arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung vorgesehen. Darin sah der EuGH im zitierten Urteil allerdings einen Verstoß gegen die Zahlungsunfähigkeits-Richtlinie (Richtlinie 2008/94/EG über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers) und urteilte, dass
- mindestens 50 % der zugesagten Betriebsrente geschützt sein müssen („Opfergrenze“) und
- dass in jedem Einzelfall jährlich geprüft werden muss, ob die Kürzung nicht offensichtlich unverhältnismäßig ist, auch wenn sie weniger als 50 % beträgt. Das ist dann der Fall, wenn der Betroffene durch die Kürzung, unter der nach Eurostat für den entsprechenden Mitgliedsstaat der EU ermittelten Armutsgefährdungsschwelle fällt.
Der deutsche Gesetzgeber reagierte, indem durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.6.2020 (verkündet im Bundesgesetzblatt am 23.6.2020) in § 7 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG ein neuer Satz 3 angefügt wurde, der die Einstandspflicht des PSV für die beschriebene Konstellation begründet.
Der Gesetzgeber hat durch § 30 Abs. 2 und 3 BetrAVG auch Übergangsvorschriften erlassen. Welche Sicherungsfälle durch den PSV in welcher Weise nach der Novellierung gesichert werden, hängt entscheidend davon ab, wann der Sicherungsfall eingetreten ist.
Für Sicherungsfälle ab 1.1.2022 gilt, dass der vollständige PSV-Schutz greift und auch bereits bestehende Betriebsrenten und Anwartschaften umfasst sind.
Tritt der Sicherungsfall vor dem 1.1.2022 ein, prüft der PSV, ob die Kriterien des EuGH-Urteils erfüllt sind. Also insbesondere das Kriterium,
- dass mindestens 50 % der Betriebsrente geschützt sein müssen und
- ob der Betriebsrentner durch die Kürzung nicht unter die Armutsgefährdungsschwelle fällt.
Vor diesem Hintergrund hatte das BAG in seinem Urteil vom 21.7.2020 (3 AZR 142/16, Pressemitteilung 22/20) die Konstellation zu prüfen, ob der PSV einstandspflichtig ist, wenn ein Betriebsrentner seit 2003 eine jährlich herabgesetzte Pensionskassenleistung bezieht, die bisher durch den Arbeitgeber immer aufgefüllt wurde, dieser aber mittlerweile insolvent ist.
“Nein”, meinten die Richter, denn Prüfungsmaßstab für „Altfälle“, also Insolvenzen vor dem Stichtag 1.1.2022, werden nach den Kriterien des EuGH-Urteils geprüft. Und dem Betriebsrentner blieben mehr als 50 % der Betriebsrente und er fiel durch die Kürzung auch nicht unter die Armutsgefährdungsschwelle.