Für einige Versicherungsmakler und -vertreter steht zum Jahresausklang noch eine kleine „formale Hürde“: Sind die nach IDD erforderlichen 15 Fortbildungsstunden schon „eingetütet“ und sämtliche Mitarbeiter im Vertrieb mit ausreichenden Weiterbildungsmaßnahmen versorgt?
1. Rechtsgrundlagen IDD / deutsches Recht
Art. 10 der Richtlinie (EU) 2016/97 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20.1.2016 über Versicherungsvertrieb (IDD) gibt den Mitgliedstaaten der EU hinsichtlich der Qualifikation und der Weiterbildung von Vermittlern vergleichsweise klare Vorgaben. Die Mitgliedstaaten müssen danach sicherstellen, dass „Vertreiber“ über „angemessene Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen, die sie zur ordnungsgemäßen Erfüllung dieser Aufgaben (nämlich die Tätigkeit des Versicherungsvertriebs) benötigen“.
Weiterhin müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Versicherungsvermittler und deren Angestellte „den Anforderungen ständiger beruflicher Schulung und Weiterbildung genügen, um ein angemessenes Leistungsniveau aufrechtzuerhalten, das den von ihnen wahrgenommenen Aufgaben und dem entsprechenden Markt entspricht.“ Dazu müssen die Mitgliedsstaaten „Mechanismen zur wirksamen Kontrolle und Bewertung der Kenntnisse und Fähigkeiten von Versicherungsvermittlern und Angestellten von Versicherungsvermittlern auf der Grundlage von mindestens 15 Stunden beruflicher Schulung und Weiterbildung pro Jahr einrichten und veröffentlichen“.
„Versicherungsvermittler und deren Angestellte müssen den Anforderungen ständiger beruflicher Schulung und Weiterbildung genügen.“
Der deutsche Gesetzgeber hat die IDD-Vorgaben auf drei Ebenen umgesetzt.
Erstens im Versicherungsaufsichtsrecht (§ 48 VAG), wonach Versicherer nur mit Vermittlern zusammenarbeiten dürfen, die qualifiziert und weitergebildet sind.
Zweitens im Gewerberecht, konkret in § 34d Abs. 9 der Gewerbeordnung (GewO), der die 15-stündige Weiterbildungspflicht pro Jahr für Versicherungsmakler und deren vertrieblich beschäftigten Personen als Zulassungsvoraussetzung gesetzlich anordnet.
Die dritte Regulierungsebene findet sich in der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV), die in den §§ 2 – 7 VersVermV sowie in den Anlagen 1 bis 4 zur Verordnung in höherer Detailtiefe die Anforderungen an Sachkunde und Weiterbildung der Versicherungsvermittler regelt.
2. Konkrete Anforderungen im Vermittlerbetrieb
Welche Personen im Vermittlerbetrieb sind weiterbildungspflichtig?
Versicherungsvermittlerbetriebe sind seit Februar 2018 dazu aufgefordert, zu prüfen, welcher Mitarbeiter, unabhängig davon, ob selbständig oder angestellt, mit „Versicherungsvertrieb“ im Sinne der IDD zu tun hat. Darunter fallen die Kundenberatung, das Vorschlagen oder die Durchführung anderer Vorbereitungsarbeiten, der Abschluss von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei der Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadenfall.
Die Festlegung und Beschreibung der konkreten Tätigkeit ist also wesentlich für die Einordnung als aus- und weiterbildungspflichtig des einzelnen Beschäftigten. Hier bietet es sich an, sofern noch nicht geschehen, die Arbeits- oder Handelsvertreterverträge sowie Stellenbeschreibungen anzupassen. Auch sollte die Weiterbildung zum Gegenstand des Pflichtenprogramms gemacht werden. Bei Vermittlern, die als juristische Personen (z. B. GmbH, AG) organisiert sind, kommt ggf. eine Delegation der Weiterbildungspflicht nach § 34d Abs. 9 S. 4 GewO in Betracht.
Umfang der Weiterbildung?
Wie oben erwähnt, sind 15 Zeitstunden pro Jahr an geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen zu absolvieren. Das Gesetz sieht hier auch keine Ausnahmen, z. B. bei einem unterjährigen Einstieg in Vertriebstätigkeiten, von der Weiterbildungspflicht vor. Auch Teilzeitbeschäftigte unterfallen nach der Gesetzesbegründung der vollen Stundenzahl.
Eine in der Gesetzesbegründung beschriebene Härtefallregelung kann zu einem Fortfall der Weiterbildungspflicht führen, wenn in einem vollständigen Kalenderjahr nachweislich aufgrund von Krankheit oder Elternzeit keine vertriebliche Tätigkeit ausgeübt wurde. Die Aufteilung der Weiterbildungsstunden über das Jahr ist nicht reguliert, d. h. der Vermittler ist hier in seiner zeitlichen Gestaltung frei.
Welche Weiterbildungsmaßnahmen bieten sich inhaltlich an?
Inhaltliche Vorgaben finden sich in Anlage 1 zur Vermittlerverordnung. Im Mittelpunkt der Weiterbildung steht danach die Fach- und Beratungskompetenz, die dem Kundennutzen dienlich sein sollte. Die Maßnahme muss danach zwingend Bezug zur Versicherungsvermittlungstätigkeit aufweisen.
Sinnvoll könnte hierzu sein, mit vertrieblich tätigen Mitarbeitern individuelle Zielvereinbarungen auch zur Weiterbildung zu machen. So kann sehr punktuell und zielgerichtet der individuelle Wissensstand jährlich geprüft und ausgebaut werden.
Nachhalten der Weiterbildungsmaßnahmen in der Personalakte?
Die konkreten Weiterbildungsmaßnahmen müssen nach der Verordnung ebenfalls dokumentiert werden. Daher bietet es sich gleichzeitig an, die Maßnahmen in den Personalakten der Beschäftigten mit Vertriebsbezug festzuhalten.
3. Anlassbezogene Prüfung durch die zuständige IHK / Sanktionen
Muss der Vermittler seiner zuständigen IHK / Erlaubnisbehörde „proaktiv“ Weiterbildungsnachweise erbringen?
Die ursprünglich vom Gesetzgeber geplante Version der VersVermV sah noch vor, dass jeder Vermittler Anfang eines Jahres die Weiterbildungsmaßnahmen des Vorjahres gegenüber der IHK nachweisen sollte. Diese bürokratische Überfrachtung hat es dann nicht in die endgültige Verordnungsversion geschafft. So liegt es jetzt an den Aufsichtsbehörden (IHKen), Anlässe zu definieren, nach denen Vermittler aufgefordert werden, die Weiterbildungsnachweise zur Prüfung vorzulegen. Anlässe können ein eigenes Stichprobenkonzept der IHK sein oder Beschwerdevorgänge über den Vermittler oder eine Änderung der Gewerbeerlaubnis (z. B. Statuswechsel von Vertreter zu Makler).
Welche Sanktionen können bei Nichtbeachtung der Weiterbildung drohen?
Verstöße gegen die Weiterbildungspflicht können als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld bis zu 5.000 EUR geahndet werden. Der gleiche Bußgeldrahmen gilt bei Verstößen gegen die Regel, Nachweise und Unterlagen mindestens 5 Jahre aufzubewahren. Kommt ein Vermittler der Aufforderung der IHK zur Eigenerklärung nicht nach, können Bußgelder bis zu 3.000 EUR verhängt werden.