Geschiedene Eheleute können per Scheidungsfolgenvereinbarung klären, dass der interne Versorgungsausgleich rückgängig gemacht werden und die Pensionszusage wieder dem Ex-Ehemann in voller Höhe zustehen soll. Erhält die Ex-Ehefrau dafür eine werthaltige Gegenleistung, erzielt sie damit noch keine steuerbaren Einkünfte. Vorausgesetzt, ihr stand aus dem übertragenen Anrecht noch kein fälliger Anspruch zu.
Der zugrundeliegende Sachverhalt
Ein GGF und seine Ehefrau lassen sich scheiden. Im Verfahren zum Versorgungsausgleich wird die Pensionszusage des Ehemanns intern geteilt; d. h. die Ehefrau erhält ein Anrecht aus der geteilten Pensionszusage des Ehemanns, dessen Anrecht aus der Zusage entsprechend gekürzt wird. Dieser Vorgang bleibt bei der Ehefrau gem. § 3 Nr. 55a Satz 1 EStG steuerfrei. Nach dieser Vorschrift gilt:
„Steuerfrei sind, …. 55a, die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.“
Die (Ex)-Eheleute haben sich dann nach der internen Teilung aber doch anders entschieden und schlossen den Versorgungsausgleich notariell aus. Die Ehefrau verzichtete damit auf die Pensionszusage, mit der Folge, dass die Pensionszusage ihrem Ehemann ungekürzt erhalten geblieben ist. Im Gegenzug erhielt sie Miteigentum an zwei Grundstücken.
Das Finanzamt wertete diese Vereinbarung als Verzicht der Ehefrau auf das Anrecht aus der Pensionszusage. Mit dem Verzicht seien der Ehefrau Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe des Barwerts der Anwartschaft zugeflossen. Diese Einkünfte berücksichtigte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid für 2012.
Nach erfolglosem Einspruch klagte die Ehefrau erfolgreich beim Finanzgericht, worauf das Finanzamt vor den BFH zog.
So entschied der BFH
Der BFH wies die Revision des Finanzamtes als unbegründet zurück. Die Ehefrau erzielte aus der Rückabwicklung der notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung weder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit noch aus einem privaten Veräußerungsgeschäft.
Kein Lohnzufluss durch Innehaben von Ansprüchen
Für den BFH führt das Innehaben von Ansprüchen nicht zum gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn. Der Zufluss ist grundsätzlich vielmehr erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben, also wenn die geschuldete Leistung tatsächlich erbracht wird. Erst dann werden im Falle der Fälligkeit einer Pensionszusage Einkünfte gemäß § 19 EStG erzielt. Die Ehefrau erhielt weder von der GmbH noch von ihrem Ehemann Zahlungen, mit denen die Pensionszusage bei der GmbH erloschen wäre.
Kein Lohnzufluss durch wirtschaftliche Verfügung über einen noch nicht fälligen Anspruch
Der BFH widmet sich im Anschluss auch der Frage, ob es zum Lohnzufluss kommt, weil die Ehefrau durch die Rückübertagung der Anwartschaft auf den Ehemann wirtschaftlich über die Anwartschaft verfügt hat. Der BFH verneint den Zufluss mit dem Argument, dass dazu die Verfügung über einen fälligen Anspruch aus der Pensionszusage erforderlich gewesen wäre. Zum Lohnzufluss hätte also erst die Leistung aus der Pensionszusage oder die Verfügung über einen fälligen Anspruch aus der Pensionszusage geführt, nicht aber die Verfügung über die Anwartschaft.
Kein Lohnzufluss durch den Verzicht gegen Einräumung des Miteigentumsanteils an den Grundstücken
Auch die Frage, ob es zu einem Lohnzufluss kommt, weil die Ehefrau auf die Anwartschaft durch die Rückübertragung verzichtet hat, und dafür den Miteigentumsanteil an den Grundstücken bekommen hat, verneint der BFH. Zwar hat die Ehefrau den Wert des auf sie im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechts dadurch realisiert, dass sie im Gegenzug für die Aufgabe des Rechts von ihrem Ehemann das Miteigentum an zwei Grundstücken erhalten hat. Daraus ergibt sich aber kein Lohnzufluss. Denn zum einen wollte der Ehemann durch die Einräumung des Miteigentumsanteils an den Grundstücken keine Verbindlichkeit der GmbH erfüllen, sondern erfüllt eine eigene Verpflichtung gegenüber seiner Ehefrau. Zum anderen hat die Ehefrau nur gegenüber ihrem Ehemann verzichtet und nicht gegenüber der GmbH.
Kein privates Veräußerungsgeschäft
Der BFH verneint in seiner Entscheidung auch ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 EStG. Zwar mangelt es nicht an dem erforderlichen Wirtschaftsgut, was in der Anwartschaft zu sehen ist. Der BFH lässt das private Veräußerungsgeschäft am Merkmal der „Anschaffung“ scheitern. Denn die Ehefrau hat die Anwartschaft unentgeltlich erworben, was sich klarstellend aus § 3 Nr. 55a Satz 1 EStG ergibt. Soweit nach dieser Vorschrift der interne Versorgungsausgleich steuerfrei bleibt, sind der Ehefrau für die Übertragung des Anrechts auch keine Anschaffungskosten entstanden.
Fazit:
Verzichtet die ausgleichsberechtigte Person im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung auf einen noch nicht fälligen Anspruch aus einer übertragenen Pensionszusage, muss diese nicht befürchten, einen nach oben geändertem Einkommensteuerbescheid zu bekommen. Damit ist auch geklärt, dass die Besteuerung erst bei Fälligkeit erfolgt.