Die technische Umsetzung des neuen Freibetrags für Betriebsrenten sollte von Seiten der Krankenkassen noch bis 2021 dauern. Jetzt wurde bekannt, dass der GKV-Spitzenverband Gas gibt und den „Schalter“ schon ab 1.10.2020 „umlegen“ will.
Hintergrund ist, dass das sogenannte Zahlstellenmeldeverfahren zwischen Arbeitgeber/Versorgungsträger und den jeweiligen Krankenkassen elektronisch abgewickelt werden muss. Das erzeugt bei den immerhin 46.000 Zahlstellen und den Krankenkassen deutliche IT-Aufwände: Denn die Zahlstelle von Versorgungsbezügen hat der zuständigen Krankenkasse die Meldung durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels systemgeprüfter, maschineller Ausfüllhilfen zu erstatten. Die Meldungen der Krankenkassen erfolgen gleichermaßen ausschließlich durch Datenübertragung.
Der GKV-Spitzenverband hat nun die neuen Grundsätze zum Zahlstellen-Meldeverfahren nach § 202 Abs. 2 SGB V dem Bundesministerium für Gesundheit zur Genehmigung vorgelegt. Die Grundsätze werden durch eine ergänzende Verfahrensbeschreibung erläutert. Damit können Zahlstellen wie Krankenkassen auf einer sicheren Grundlage die Umsetzung der Neuregelung planen und durchführen.
Die wichtigsten Punkte des künftigen Verfahrens
Die Frage des Umsetzungszeitpunkts ist geklärt. Einfachbezug (Bezug von nur einer Betriebsrente) kann sofort abgerechnet werden, Mehrfachbezug muss ab 1.10.2020 richtig abgerechnet werden. Die großen Lohnbuchhaltungsprogramme, über die viele Arbeitgeber das Zahlstellenmeldeverfahren abwickeln, werden für den Einfachbezug voraussichtlich Anfang 2. Quartal bereit sein.
Neue Kennzeichen
Künftig müssen Zahlenstellen bei allen Leistungsformen der bAV (Renten, Kapitalleistung, Kapitalabfindung) in der Meldung angeben, dass es sich um bAV handelt. Die Angabe erfolgt über das Kennzeichen 5 im neuen Feld Art Versorgungsbezug (ART VB) von der Zahlstelle an die Krankenkasse.
Im Falle des Mehrfachbezugs von Betriebsrenten stellt die jeweilige Krankenkasse, bei der die Meldungen der Zahlstellen zusammenlaufen, den Anspruch auf Freibetrag dem Grunde und der Höhe nach fest. Das Ergebnis wird der Zahlstelle elektronisch rückgemeldet. Die jeweilige Krankenkasse entscheidet, bei welchem Versorgungsbezug der Freibetrag anzuwenden ist.
Dazu wird es zwei neue Felder für die Rückmeldung der Krankenkasse an die Zahlstelle geben. Die Feststellung des Anspruchs dem Grunde nach erfolgt über das Kennzeichen im neuen Feld KENNZFB mit den Attributen JA, ANTEILIG, NEIN. Soweit ein anteiliger Anspruch besteht, wird zusätzlich der Anspruch der Höhe nach im neuen Feld FB in Eurocent angegeben. Dann kann die Zahlstelle, den Freibetrag ganz, teilweise oder gar nicht in Abschlag bringen.
Kapitalleistung / Kapitalabfindung
Die Zahlstelle meldet den Versorgungsbezug. Die restliche Abwicklung erfolgt über die jeweilige Krankenkasse. Auf Grundlage der Zahlstellenmeldung stellt die Krankenkasse den Anspruch auf Freibetrag dem Grunde und der Höhe nach fest und berücksichtigt diese Feststellung in einem Beitragsbescheid. Eine Rückmeldung an die Zahlstelle erfolgt – wie bisher – nicht.
Rückwirkende Umsetzung – Renten bei Mehrfachbezug
Im Oktober 2020 müssen die Zahlstellen und Krankenkassen rückwirkende Korrekturen der schon abgegebenen Meldungen für den Zeitraum 1.1. – 30.9.2020 unverzüglich vornehmen. Zahlstellen müssen die Art des Versorgungsbezugs (bAV = 5) rückwirkend ab 1.1.2020 angeben.
Auf Grundlage dieser Korrekturen der Zahlstellen müssen die Krankenkassen bei Mehrfachbezug den Zahlstellen eine entsprechende Änderungsmitteilung übermitteln.
Rückwirkende Umsetzung – Kapitalleistungen und Kapitalabfindungen
Es gilt die (vom Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse) widerlegbare Vermutung, dass es sich bei der Kapitalleistung und Kapitalabfindung grundsätzlich um bAV-Versorgungsbezüge handelt. Daher kann nach Auffassung des GKV-Spitzenverbandes die Verpflichtung der Zahlstellen entfallen, bei Kapitalleistungen und -abfindungen, die vor dem 1.10.2020 gewährt wurden, eine Stornierung der abgegebenen Meldung und eine Neumeldung mit dem neuen Kennzeichen VB ART 5 vorzunehmen. Das ist eine deutliche Entlastung der Zahlstellen und Krankenkassen.