Doch wie sieht es aus, wenn der Unternehmer einen Ehegatten anstellt und dieser eine Entgeltumwandlung zugunsten einer Betriebsrente macht? Ist das steuerlich immer zulässig? Oder müssen Sonderregeln aufgrund des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses beachtet werden? Mit dieser für die Praxis wichtigen Frage hatte sich der Bundesfinanzhof zu befassen (BFH, Urteil vom 28.10.2020, X R 32/18) und hat die Gelegenheit genutzt, deutliche Worte zur Entgeltumwandlung zu sprechen. Die bisherige Rechtsprechung wird damit bestätigt und verfestigt.
Es ging um eine Metzgerei. Der Ehemann hatte 2002 als Metzgermeister den Betrieb seiner Eltern übernommen. Schon im elterlichen Betrieb war die spätere Ehefrau als Fleischereifachverkäuferin sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Im Jahr der Betriebsübernahme 2002 heirateten beide und aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor.
Seit dem 1.5.2005 war die Ehefrau, die inzwischen selbst Metzgermeisterin, als Verkaufsleiterin angestellt. Der monatliche Bruttolohn betrug 3.146 Euro. Davon gingen 2.050 Euro in ein Zeitwertkonto. Das wurde vom Finanzamt nicht beanstandet. Am 30.12.2005 stellte die Innungskrankenkasse fest, dass die Ehefrau mit ihrer Heirat 2002 nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.
Zum 1.1.2006 wurde der Arbeitslohn der Ehefrau auf 4.146 Euro erhöht. Der Betrag setzte sich aus einem Grundgehalt (4.000 Euro) und dem Beitrag für eine bereits seit 2001 bestehende Direktversicherung (146 Euro) zusammen.
2009 wurde aufgrund von rechtlichen Zweifeln an der Zulässigkeit des Zeitwertkonto-Modells für die Ehefrau eine Unterstützungskassenversorgung eingerichtet. In Form einer Entgeltumwandlung wurden 1.830 Euro pro Monat in eine betriebliche Alters- mit einer Hinterbliebenenversorgung umgewandelt.
Der Außenprüfer des Finanzamtes beanstandete den Einkommensteuer- sowie den Gewerbesteuermessbescheid. Das Finanzamt griff die Unterstützungskassenzusage auf. Die geleisteten Zuwendungen an die Unterstützungskasse wurden im Hinblick auf § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich nur teilweise i. H. v. 110 Euro pro Monat (anstelle von 1.830 Euro) als abzugsfähig angesehen, da das Finanzamt sie nach Maßgabe des Fremdvergleichs der Höhe nach für unangemessen und daher nur in diesem Umfang für betrieblich veranlasst hielt.
Gegen diesen Bescheid klagte das Ehepaar. Das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 13.9.2018, 1 K 189/16) wies die Klage ab, u. a. führte es ein hohes Risiko der an, die zugesagte Gesamtleistung i. H. v. 800.000 Euro vor oder bei Erreichen der Altersgrenze zu verlieren. Auch die Altersversorgung in Höhe des rund 2,5-Fachen des Arbeitseinkommens spreche für eine private Veranlassung. Und die Entgeltumwandlung i. H. v. ca. 50 % des Bruttogehalts liege deutlich über dem Wert, bis zu dem ein fremder Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung habe.
Das Ehepaar ging in Revision.
Der Bundesfinanzhof sah die Revision des Metzgerehepaars als begründet an. Konnte aber auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen des Finanzgerichts keine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der strittigen Bescheide treffen. Allerdings hielten die obersten Finanzrichter die Feststellungen des Finanzgerichts nicht für genügend dafür, dass im Jahr 2009 jeden Monat nur 110 Euro als Betriebsausgabe anerkannt wurden.
Dem Finanzgericht gab der Bundesfinanzhof folgende Leitsätze mit auf den Weg:
- Werden im Rahmen eines Ehegattenarbeitsverhältnisses Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers teilweise zum Zweck betrieblicher Altersvorsorge in Beiträge für eine rückgedeckte Unterstützungskasse umgewandelt, ist die Entgeltumwandlung grundsätzlich am Maßstab des Fremdvergleichs zu messen.
- Für die Fremdvergleichsprüfung bei Entgeltumwandlungen ist insbesondere das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen regelmäßig anzunehmender Angemessenheit und nur ausnahmsweise gegebener Unangemessenheit der Umgestaltung der Entlohnung des Arbeitsverhältnisses zu beachten.
- Eine insoweit unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses kommt bei sprunghaften Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung, bei einer „Nur-Pension” oder bei mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbundenen Zusagen in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 7.3.2018 – I R 89/15, BFHE 261, 110, BStBl II 2019, 70, Rz 26).
- Im Fall echter nicht unangemessener Barlohnumwandlungen sind Beiträge für eine rückgedeckte Unterstützungskasse betrieblich veranlasst und ohne Prüfung einer sog. Überversorgung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 10.6.2008 – VIII R 68/06, BFHE 222, 332, BStBl II 2008, 973, unter II.3., Rz 22 f.).
Im Einzelnen enthält die Urteilsbegründung folgende, wichtige „Hinweise“ für die Praxis:
1. Es gilt der Fremdvergleich – nicht nur für Ehegatten, sondern auch für „nahe Angehörige“. Zum Betriebsausgabenabzug der an die Unterstützungskasse geleisteten Zahlungen gilt, dass auch Entgeltumwandlungen im Rahmen von Arbeitsverträgen zwischen nahen Angehörigen grundsätzlich einem Fremdvergleich unterliegen.
2. Es gilt ein doppelter Fremdvergleich. Zum einen muss das Arbeitsverhältnis selbst steuerrechtlich anerkannt sein. Zum anderen muss auch die Zusage auf eine Betriebsrente (nicht nur bei Unterstützungskassen, sondern in jedem Durchführungsweg) dem Fremdvergleich genügen, d. h., dass eine solche Versorgung bei vergleichbaren Tätigkeits- und Leistungsmerkmalen auch einem familienfremden Arbeitnehmer gewährt werden würde. Und insgesamt muss die Versorgung ernstlich gewollt und eindeutig vereinbart sein.
3. Für die Entgeltumwandlung gilt als Regel, dass sie keine ungewöhnliche oder unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses darstellt. Die Entgeltumwandlung eines schon bestehenden Lohnanspruchs in einem anerkannten steuerlichen Arbeitsverhältnis ist daher regelmäßig als Betriebsausgabe anzuerkennen: „Machen Ehegatten im Rahmen eines steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses von den gesetzlichen Möglichkeiten einer teilweisen Umwandlung des steuerrechtlich angemessenen Arbeitslohns in Beiträge zu einer Direktversicherung Gebrauch, so kann darin regelmäßig keine ungewöhnliche oder unangemessene Umgestaltung dieses Arbeitsverhältnisses gesehen werden, die es gebieten könnte, den Abzug des in der Form von Versicherungsprämien geleisteten Arbeitslohns als Betriebsausgabe zu versagen.“
4. Ungewöhnliche Gestaltungen, wie z. B. eine vollständige Entgeltumwandlung („Nur-Pension“ oder sprunghafte Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung), oder mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbundene Zusagen sind steuerlich weiterhin „problematisch“.
- Im entschiedenen Fall war die Höhe der Entgeltumwandlung i. H. v. fast 50 % des Bruttogehalts vereinbart. Nach Wertung der obersten Richter bewegte sich das nicht ansatzweise im Bereich einer „Nur-Pension“ oder überschritt die Grenze zur Unangemessenheit. Der verbleibende Barlohnanspruch der Ehefrau genügte – auch ohne Nebeneinkünfte etc. – zur Deckung der laufenden Lebenshaltungskosten. Und durch den Wegfall der Sozialversicherungspflicht musste die Ehefrau auch für eine genügende Altersversorgung selbst sorgen.
- Der BFH hat auch Zweifel, ob die in 2006 erfolgte Gehaltserhöhung und die Entgeltumwandlung in 2009 in einem ausreichenden Zusammenhang stehen, so dass man von einer sprunghaften Erhöhung kurz vor der Entgeltumwandlung ausgehen könne.
- Ob bei einer rückgedeckten Unterstützungskassenversorgung in einem Volumen von ca. 800.000 Euro eine realistische Gefahr von Deckungslücken mit einer Einstandspflicht des Arbeitgebers besteht, die ein besonderes Risikopotential für den Arbeitgeber darstellt, muss das Finanzgericht gegebenenfalls prüfen. Nur dann kann möglicherweise die Zusage dem Fremdvergleich nicht standhalten.
5. Für die steuerliche Prüfung kommt es nach der BFH-Rechtsprechung (nur) auf den gegenwärtigen unmittelbaren Veranlassungszusammenhang an. Für die Annahme einer regelmäßig anzunehmenden betrieblichen Veranlassung ist es daher entscheidend, dass im Zeitpunkt der Entgeltumwandlung der Aufwand des Arbeitgeber-Ehegatten aus dem Arbeitsverhältnis beitragsmäßig unverändert bleibt bzw. der Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet ausschließlich über sein eigenes (künftiges) Vermögen disponiert.
6. Der BFH weist das Finanzgericht nochmals sehr deutlich auf den grundlegenden Gedanken der bisherigen BFH-Rechtsprechung hin, dass der Arbeitnehmer bei der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung wirtschaftlich betrachtet über sein eigenes (künftiges) Vermögen disponiert.
- Daher steht es grundsätzlich im Ermessen des Arbeitnehmers, in welchem Umfang er sein Bruttogehalt durch Entgeltumwandlung für eine künftige Altersrente zurücklegt und er hierbei zur Steigerung der Ertragsaussichten eine risikoreichere Versicherungsform wählt, sofern dies im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber geschieht. Das ist aus Sicht des BFH dann ohne weiteres denkbar, wenn es sich um einen leitenden Mitarbeiter handelt und der Arbeitgeber die Folgen einer Zusage (Kosten/Risiko) nicht zu tragen hat.
- Dieser Grundgedanke, dass der Arbeitnehmer bei einer Entgeltumwandlung nur über sein eigenes Vermögen disponiert, führt auch dazu, dass es unerheblich ist, ob – wie im entschiedenen Fall – die Altersversorgung deutlich oberhalb des Aktivgehalts liegt, wenn der Arbeitgeber durch die Zusage nicht belastet wird.
- Bei einer Entgeltumwandlung sind die Grundsätze der sog. Überversorgung nicht anzuwenden. Es ist auch eine erhebliche Überschreitung des in § 1a BetrAVG bestimmten Wertes für den Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung zulässig.
Der Bundesfinanzhof hat seine Rechtsprechung zur Entgeltumwandlung verfestigt. Für beherrschende GGF, Ehegatten und nahe Angehörige mit steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnissen ist eine Entgeltumwandlung grundsätzlich als Betriebsausgabe – soweit ersichtlich in allen Durchführungswegen – anzuerkennen, wenn nicht zusätzliche, ungewöhnliche Faktoren ins Spiel kommen. Dazu zählen z. B. unangemessene Gehaltserhöhung kurz vor der Entgeltumwandlung, „Nur-Pension“, Risikoerhöhung und Kostensteigerungen für das Unternehmen.
Der BFH hat auch die Gelegenheit genutzt, in den Urteilsgründen nochmals die wesentlichen Spielregeln für eine Entgeltumwandlung „auszubuchstabieren“. Das hilft in der Praxis deutlich weiter und weist die Betriebsprüfer in ihre Schranken. Alle Praktiker sollten sich daher mit diesem Urteil intensiv auseinandersetzen.