Eine Doppelnutzung des neuen Vervielfältigers ist auch nach dem BRSG nicht möglich, allerdings gibt es neue Regeln für die Versteuerung. Die Voraussetzungen für eine Nachholung sind strikt, und damit womöglich zu realitätsfern.
3. Umsetzung der neuen Vervielfältigungsregelung nach § 3 Nr. 63 S. 3 EStG und der Altregelung nach § 40b Abs. 2 S. 3 und 4 EStG a.F. (Rz 320/321 sowie 356-358)
3.1. Erstmals nimmt das BMF dazu Stellung, wann ein „Zusammenhang mit dem Ausscheiden“ des Arbeitnehmers anzunehmen ist. „Ein Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses ist insbesondere dann zu vermuten, wenn der Beitrag innerhalb von drei Monaten vor dem Beendigungs-/Auflösungszeitpunkt geleistet wird. Die Vervielfältigungsregelung kann auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses angewendet werden, wenn die Beitragsleistung oder Entgeltumwandlung spätestens bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbart wird.“
Hinweis: Wenn von dieser Vermutung abgewichen werden soll, sollte künftig in jedem Fall eine Auskunft des Betriebsstättenfinanzamtes vorab eingeholt werden.
3.2. Eine Doppelnutzung des Vervielfältigers nach § 3 Nr. 63 S. 3 EStG und nach § 40b Abs. 2 S. 3 und 4 EStG a.F. ist weiterhin nicht möglich (Rz. 320b und 356 f.). Neu ist allerdings, dass die pauschal besteuerten Beiträge und Zuwendungen eines Vervielfältigers nach § 40b Abs. 2 S. 3 und 4 EStG a.F. auf das steuerfreie Volumen nach § 3 Nr. 63 S. 3 EStG angerechnet werden. Auf einen eventuell übrig bleibenden „Restbetrag“ kann insoweit der Vervielfältiger nach § 3 Nr. 63 S. 3 EStG angewandt werden (Rz 356/357).
Hinweis: Beitragsrechtlich verweist § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV nur auf steuerfreie Beiträge nach § 3 Nr. 63 S. 1 und 2 EStG. Beiträge für den Vervielfältiger nach § 3 Nr. 63 S. 3 EStG sind also grundsätzlich beitragspflichtig. Im Falle einer Abfindungszahlung greift ggf. die Sozialversicherungsfreiheit.
3.3. Hat der Arbeitnehmer bei einer Direktversicherung generell auf die Anwendung des § 3 Nr. 63 EStG zugunsten einer Pauschlbesteuerung nach § 40b EStG a.F. verzichtet, so kann er auch nicht den neuen Vervielfältiger nach § 3 Nr. 63 S. 3 EStG anwenden (Rz 358). Das BMF geht hier wohl davon aus, dass der Arbeitnehmer für alle Verträge auf die Anwendung des § 3 Nr. 63 EStG verzichtet – § 52 Abs. 4 EStG erlaubt aber, für „diese Beiträge“ auf die Anwendung des § 3 Nr. 63 EStG zu verzichten. D.h. es kann zu einem Nebeneinander von Verträgen, die nach § 40b a.F. und 3 Nr. 63 EStG besteuert werden kommen.
4. Umsetzung der Nachzahlungsregelung bei beitragsfreien Zeiten nach § 3 Nr. 63 S. 4 EStG (Rz 320 c-g, 359)
4.1. Schon das Gesetz ist sehr restriktiv, wann genau eine Nachholung möglich ist:
- Es muss das Dienstverhältnis für ein ganzes Kalenderjahr ruhen (Jahresregelung).
- Es muss sich um ein erstes Dienstverhältnis handeln.
- Es darf in diesem Kalenderjahr vom Arbeitgeber kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen werden (also z.B. auch keine Bonuszahlung für das Vorjahr!); Arbeitslöhne aus anderen Dienstverhältnisse bleiben dabei allerdings unberücksichtigt (Rz 320e).
4.2. Das BMF-Schreiben verschärft diese Vorgaben nun weiter (Rz 320c, d und f):
- Es darf in dem Kalenderjahr, in dem das Dienstverhältnis ruht, auch kein Beitrag i.S. des § 3 Nr. 63 S. 1 EStG geleistet werden.
- Die Nachzahlung muss im Zusammenhang mit dem Ruhen des Dienstverhältnisses stehen. Von einem solchen Zusammenhang kann ausgegangen werden, wenn die Beiträge spätestens bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf das Ende der Ruhensphase folgt, nachgezahlt werden.
- Sowohl im Ruhezeitraum als auch im Nachzahlungszeitraum muss ein erstes Dienstverhältnis vorliegen.
- Immerhin: In dem Nachzahlungsjahr darf in Teilbeträgen gezahlt werden und es dürfen parallel reguläre Beiträge nach § 3 Nr. 63 S. 1 und Nachholungsbeiträge nach S. 4 EStG geleistet werden.
Hinweis:
1. Mit diesen Regelungen dürften Nachholungsbeträge wohl die große Ausnahme sein. Denn sowohl die Betrachtung nach ganzen Kalenderjahren (weder Kinder noch Krankheit sind so planbar) als auch die Zahlung im Folgejahr, wo z.B. nach Elternzeit, längerer Krankheit oder einem Sabbatical das Geld für eine Nachzahlung nicht üppig zur Verfügung stehen wird, begünstigen nicht eine Inanspruchnahme.
2. Der Arbeitgeber muss den Nachweis erbringen, dass im Zeitraum des Ruhens wie der Nachzahlung ein erstes Dienstverhältnis vorliegt. Dieser kann z.B. über die abgerufenen ElStAM-Daten, eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug oder im Falle einer pauschalen Versteuerung nach § 40a EStG eine schriftliche Bestätigung des Arbeitnehmers erfolgen (Rz 320d).
4.3. Für die Berechnung des maximal steuerfreien Volumens wird auf die Beitragsbemessungsgrenze des Nachzahlungsjahres abgestellt (Rz 320c).
Hinweis: Beitragsrechtlich verweist § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV nur auf steuerfreie Beiträge nach § 3 Nr. 63 S. 1 und 2 EStG. Beiträge für den Nachzahlung nach § 3 Nr. 63 S. 4 EStG sind also grundsätzlich beitragspflichtig.
4.4. Auch ruhende Dienstjahre vor 2018 können berücksichtigt werden. Die Nachzahlung muss dann ab 1.1.2018 im Kalenderjahr 2018 erfolgen (Rz 320e).
Hinweis: Wer für ruhende Dienstjahre vor 2018 eine Nachzahlung erbringen möchte, sollte sehr schnell tätig werden, damit die Nachzahlung in 2018 erbracht werden kann. Arbeitgeber müssen schauen, dass sie im Lohnkonto dokumentieren, dass alle Voraussetzungen zur Nachzahlung auch wirklich vorliegen!
4.5. Übersteigen die nachgezahlten Beiträge das steuerfreie Volumen nach § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG, können die übersteigenden Beiträge nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG steuerfrei belassen werden, soweit der Höchstbetrag nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG durch die laufenden Beiträge für das entsprechenden Kalenderjahr noch nicht verbraucht ist (Rz. 320g). Für Beiträge zu einer Pensionskasse kommt ggf. auch die Pauschalbesteuerung nach § 40b Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG a. F. in Betracht, sofern die Voraussetzungen für die Anwendung des § 40b EStG a. F. vorliegen (Rz 320g und 359).