Die Kundenberatung per Video-Anruf über IT-gestützte Programme und E-Mail-Austausch kann eine gute Ergänzung zum persönlichen Kundenbesuch sein und diesen in vielen Fällen auch schon vollständig ersetzen.
Datenschutzinformationen:
Verarbeitet der Versicherungsvermittler personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers, muss er das Pflichtenprogramm der Datenschutzgrundverordnung und des Bundesdatenschutzgesetzes beachten und erfüllen, unabhängig davon, ob „remote“ oder im direkten Kontakt beraten wird.
Die DSGVO sieht für die erforderlichen Datenschutzinformationen, d. h. die Informationen, die der Vermittler den Versicherungsnehmern hinsichtlich seiner Datenverarbeitung übermitteln muss, keine Schriftform vor. D. h. der Vermittler darf dem VN grundsätzlich per E-Mail über seine Datenverarbeitung informieren.
Einwilligung zur Verarbeitung (bei Gesundheitsdaten):
Sollen vom Vermittler (oder dem Versicherungsunternehmen) besondere Kategorien personenbezogener Daten, z. B. Gesundheitsdaten oder andere sensible Daten, verarbeitet werden, ist eine ausdrückliche Einwilligung der versicherten Person dazu erforderlich. Diese Einwilligung des Versicherten kann ohne weiteres elektronisch, d. h. auch per E-Mail abgegeben werden. Schriftliche Form ist hier nicht vorgesehen.
Geldwäscheprüfung (GWG):
Versicherungsvermittler treffen dieselben Verpflichtungen wie Versicherungsunternehmen und unterliegen den Aufsichtsbehörden der zuständigen Länder. Sie haben die Sorgfaltspflichten zu erfüllen und sind daher nach dem Geldwäschegesetz eigenständig verpflichtet, den Versicherungsnehmer zu identifizieren und die Identität zu überprüfen. Tritt für den Versicherungsnehmer eine andere Person auf, ist auch diese zu identifizieren.
Bei elektronisch signierten Anträgen obliegt die Identifizierungspflicht dem Versicherungsvermittler – unabhängig davon, ob die Unterschrift des Kunden in dessen Anwesenheit oder Abwesenheit erfolgt. Der Versicherungsvermittler bestätigt dem Versicherer, dass er die Identität des Antragstellers (und ggf. die der auftretenden Person) in dessen Anwesenheit vor Ort (“Face to Face”) oder per Video- bzw. Postident-Verfahren festgestellt hat. Der Versicherungsvermittler wird zusätzlich in der Regel dazu angehalten, die zur Identitätsprüfung vorgelegten Dokumente (bspw. Ausweiskopie, Registerauszug) mit den Antragsunterlagen in Kopie einzureichen.
Identifizierung bei Videochat-Beratung und telefonischer Beratung bei natürlichen Personen
Bei der reinen Videochat-Beratung oder der rein telefonischen Beratung handelt es sich um die Identifizierung in Abwesenheit im Fernabsatz. Die Identifizierung muss in diesem Fall zwingend über ein Verfahren mit hohem Sicherheitsniveau (z. B. zertifiziertes Videoident-Verfahren, zertifiziertes Postident-Verfahren) durchgeführt werden.
Kein ausreichendes Identifizierungsverfahren im Fernabsatz
Bei der reinen Videochat-Beratung oder der rein telefonischen Beratung findet keine Identifizierung vor Ort (“Face to Face”) statt, weswegen das Hochladen oder bloße Übersenden einer Ausweiskopie nicht den Anforderungen des GwG entspricht. Bei einer reinen Videochat-Beratung reicht es auch nicht aus, dass der Versicherungsnehmer dem Versicherungsvermittler die Ausweiskopie in die Videokamera hält und im Anschluss daran eine Ausweiskopie an ihn versendet.
Identifizierung bei juristischen Personen bzw. bei Personengesellschaften
Bei juristischen Personen/Personengesellschaften erfolgt die Identifizierung anhand
- Vorlage eines Registerauszugs (z. B. HR- oder GenR-Auszug)
- Gründungsdokumenten
- eigene dokumentierte Einsichtnahme in die Register- oder Verzeichnisdaten
E-Signatur Lösungen von Versicherern:
Verschiedene Versicherer bieten ihren Versicherungsnehmern und Versicherungsvermittlern unter bestimmten Voraussetzungen an, Versicherungsanträge mittels digitaler Unterschrift zu unterzeichnen. In der Regel handelt es sich um in der Branche etablierte Verfahren der sog. fortgeschrittenen elektronischen Signatur. Eine Schriftform ersetzende qualifizierte elektronische Signatur ist bislang in der Branche – soweit erkennbar – nicht etabliert. In der Videoberatung bieten sich solch technische Verfahren zur Unterzeichnung an.
Online-Beratungsstrecken:
Online-Beratungsstrecken im Vertrieb, die ganz ohne persönliches Eingreifen des Vermittlers in der einzelnen Abfragesituation funktionieren und per programmiertem Algorithmus aufgrund der Kundenangaben automatisiert Empfehlungen zum angefragten Versicherungsschutz abgeben, nehmen im Markt zu.
Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber in diesen Fällen von den Informations- und Beratungspflichten, die im „stationären“ Face-to-face-Vertrieb gelten, abweichen will. Im Gegenteil: § 1a VVG sieht vor, dass die Bereitstellung von Informationen über einen Versicherungsvertrag auf Grund von Kriterien, die ein Versicherungsnehmer über eine Website oder andere Medien wählt als Versicherungsvertrieb gilt, wenn der Versicherungsnehmer einen Versicherungsvertrag direkt oder indirekt über eine Website oder ein anderes Medium abschließen kann.
Diese Vorschrift, die die entsprechende Norm der europäischen Vertriebsrichtlinie (IDD) nahezu wortgleich in deutsches Recht umsetzt, stellt klar, dass es für die Geltung der rechtlichen Verpflichtungen zunächst unerheblich ist, welche Medien der Vermittler (oder das Versicherungsunternehmen) für seinen Vertrieb nutzt.
Zur Übermittlung der sog. Erstinformation („Visitenkarte“) des Vermittlers an den Kunden auf vertrieblichen Websites hat sich zwischenzeitlich obergerichtliche Rechtsprechung gebildet. Danach muss die Webseite die Übermittlung der Erstinformation an den Kunden mindestens in Textform sicherstellen, der bloße Link zu einem Download soll dazu nicht ausreichen. In Betracht kommt daher ein E-Mail-Versand oder aber der verpflichtende Download des Dokuments z. B. vorgeschaltet einer Berechnungsfunktion auf der Seite.
Auch gelten auf diesen Webseiten mindestens die oben genannten Datenschutzregelungen in gleicher Weise. Zum Datenschutz ist zusätzlich anzumerken, dass die Datenschutzinformation, die den Besuchern der Webseite zur Verfügung gestellt werden muss, inhaltlich sehr davon abhängt, in welcher Art und Weise personenbezogene Daten des Kunden auf dieser verarbeitet werden. Sollten Tracking-Programme eingesetzt werden, müsste darüber informiert werden. Es müsste auch geklärt werden, ob dazu sog. Cookies genutzt werden, über deren Verwendung der Nutzer der Seite dann gesondert informiert werden muss und in deren Nutzung sehr spezifisch eingewilligt werden muss.
Hier geht es zum ersten Teil “Video- und Onlineberatung” mit wichtigen Informationen zur gesetzlichen Erstinformation sowie zu Beratungs- und Dokumentationspflichten im Fernabsatz.