Die anhaltende Inflation rückt die betriebliche Altersversorgung und die Anpassungsprüfungspflicht, die mit §16 des Betriebsrentenrechts einhergehen, in den Fokus der Unternehmen. Es stellt sich die Frage, wie bereits bei der Einrichtung einer Versorgung mögliche Fallstricke beseitigt werden können.
Je höher die Inflation, desto teurer ist die „harte“ Anpassung der Leistungen.
Der §16 BetrAVG verpflichtet den Arbeitgeber alle drei Jahre, eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hierbei sind insbesondere die Belange der Versorgungsberechtigten einerseits, aber auch die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers andererseits abzuwägen. Eine Anpassung gilt als erfüllt, sofern die Erhöhung nicht geringer ausfällt als der Anstieg des Verbraucherpreisindex in Deutschland oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens. Insbesondere die Entwicklung des Verbraucherpreisindex für Deutschland hat in den letzten Monaten enorm an Schwung aufgenommen. Für Februar 2023 lag die Inflation bei 8,7 %. Die Anpassung in Zeiten hoher Inflation ist für das Unternehmen sehr teuer.
Je höher die Inflation, desto wichtiger wird die „Escape“-Klausel.
Aufgrund der hohen Inflationsrate ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber der Anpassungsprüfungspflicht nachkommen muss. Wird eine laufende Versorgung durch eine rückgedeckte Unterstützungskasse erbracht, so trifft die Anpassungsprüfungspflicht nicht die Unterstützungskasse, sondern das Unternehmen. Da die Rückdeckungstarife in der Regel kongruent zur Zusage geschlossen worden sind, gehen die meisten Unternehmen davon aus, dass sie neben der Beitragszahlung von keinen weiteren Finanzierungspflichten betroffen sind. Aufgrund niedriger Zinsen und Überschüsse kommt es in der Praxis jedoch dazu, dass die Steigerung der laufenden Versorgungsbezüge nicht durch die Rückdeckungsversicherung getilgt werden können. Dadurch kommt es zu einem Zerfall der Kongruenz zwischen Zusage und Rückdeckungstarif.
Um diesen Fall zu vermeiden, kann der Arbeitgeber vorweg die „Escape“-Klausel des § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG anwenden. Diese Norm verpflichtet den Arbeitgeber zu einer Anpassung der laufenden Leistungen von mindestens 1 % pro Jahr. Gerade in Zeiten, in denen die Inflationsrate um ein Vielfaches höher ausfällt, kann dieser Weg eine sinnvolle Lösung darstellen. Wichtig hierbei ist, dass die Verpflichtung zur Erhöhung um 1 % bereits zum Vertragsbeginn in der Zusage vereinbart wird. Eine nachträgliche Vereinbarung ist hierbei nicht möglich.
Gilt die Anpassungsprüfungspflicht auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern?
Doch was passiert bei speziellen Personengruppen, wie einem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF)? Gelten die vorgestellten Regeln auch für ihn? Für die Beurteilung dieser Fragestellung ist die arbeitsrechtliche Stellung des GGF ausschlaggebend. Ist er arbeitsrechtlich ein beherrschender GGF (bGGF), so unterliegt er nicht dem persönlichen Geltungsbereich des BetrAVG (vgl. §17 BetrAVG). Dadurch sind die Regeln des Betriebsrentenrechts nicht auf ihn anzuwenden. Dies hat vor allem eine Auswirkung im Bereich des Insolvenzschutzes und der Anpassungsprüfpflicht. Oftmals wird in der Praxis für den bGGF keine verpflichtende Erhöhung von 1 % der laufenden Leistungen bei der Wahl des Rückdeckungstarifs berücksichtigt, da man davon ausgeht, dass diese Person dauerhaft beherrschend bleiben wird.
Anpassungsprüfungspflicht bei Statuswechsel vom Gesellschafter-Geschäftsführer zum Arbeitnehmer
Verändert der bGGF jedoch sein Dienstverhältnis aufgrund eines Verkaufs der Firmenanteile oder einer beruflichen Umorientierung, so kann dieser seinen arbeitsrechtlich beherrschenden Status verlieren. Die Konsequenz daraus wäre, dass er unter den persönlichen Geltungsbereich des BetrAVG fällt und der zukünftige Arbeitgeber die „alte Zusage“ mit Berücksichtigung der Anpassungsprüfungspflicht fortführen muss. Dies kann zu erheblichen finanziellen Folgen in Form von Nachschusspflichten des Unternehmens führen oder gar eine Bilanzierungspflicht für den nicht ausfinanzierten Teil bedeuten.
Die Unterstützungskassenversorgung und die daraus resultierenden arbeitsrechtlichen Verpflichtungen werden maßgeblich durch die verschiedenen beruflichen Etappen der Versorgungsberechtigten geprägt. Insbesondere für einen Gesellschafter-Geschäftsführer ist es sinnvoll, etwaige Fallstricke, wie etwa die Anpassungsprüfungspflicht, von Anfang an zu beachten. Der arbeitsrechtlich beherrschende Status bleibt dem GGF daher nicht zwingend während des Berufslebens erhalten. Dementsprechend empfiehlt es sich bei der Auswahl einer geeigneten Unterstützungskassenversorgung mitunter auf den Einschluss der 1-prozentigen Steigerung der laufenden Leistungen zu achten.