Durch die Änderung des Nachweisgesetzes zum 1.8.2022 müssen kleine und mittelständische Unternehmen wichtige Punkte beachten. Sonst droht ein Bußgeld.
Ignorieren sollte man die Vorgaben nicht, denn §4 des NachweisG-E sieht für die Fälle, dass den Anforderungen
- nicht,
- nicht richtig,
- nicht vollständig,
- nicht in der vorgeschriebenen Weise oder
- nicht rechtzeitig
nachgekommen wird ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro vor. Bei der Bemessung des Bußgeldes, also bei der Frage, ob der Rahmen von 2.000 Euro voll ausgeschöpft wird, lässt sich der Gesetzgeber eine Tür offen, in dem die wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 17 Absatz 3 Satz 2 Halbsatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) von KMU besonders einbezogen werden. Übersetzt bedeutet dies, dass ein Verstoß auch unterhalb von 2.000 Euro sanktioniert werden kann, sofern das entsprechende Unternehmen darlegt, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse dies rechtfertigen.
Das bedeutet aber auch, dass das entsprechende Unternehmen Jahresabschlüsse oder betriebswirtschaftliche Auswertungen zur Glaubhaftmachung einreichen muss – und welcher Geschäftsführer macht so was gerne?
Wer zahlt das Bußgeld, wenn gegen das Nachweisgesetz verstoßen wurde? Der Geschäftsführer als Organ oder die GmbH als juristische Person?
Ist dann einmal das Kind im Brunnen und das Bußgeld lässt sich nicht mehr vermeiden, stellt sich die Frage wer das dann zahlt. Der Geschäftsführer als Organ der GmbH oder die GmbH als juristische Person?
Dazu sagt § 30 Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) folgendes:
„Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, eine Ordnungswidrigkeit begangen,…. durch die Pflichten, welche die juristische Person oder die Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind oder die juristische Person oder die Personenvereinigung bereichert worden ist oder werden sollte, so kann gegen diese eine Geldbuße festgesetzt werden.“
Übersetzt bedeutet dies: zuerst einmal ergeht ein Bußgeld grundsätzlich gegen die natürliche Person, also gegen den Geschäftsführer als Organ der GmbH und nur ausnahmsweise gegen die GmbH als juristische Person.
Mit dieser Frage, wer zahlt denn das Bußgeld, haben sich in der Vergangenheit auch schon die Gerichte beschäftigt:
„Daneben kann eine Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung zwar auch in einem selbständigen Verfahren festgesetzt werden…dies aber nur dann, wenn das vertretungsberechtigte Organ wegen der Ordnungswidrigkeit aus tatsächlichen Gründen nicht verfolgt oder das Verfahren eingestellt oder von Strafe abgesehen wird (§ 30 Abs. 4 OWiG). Getrennte Verfahren gegen das verantwortliche Organ der juristischen Person oder Personenvereinigung einerseits und gegen die juristische Person oder Personenvereinigung selbst andererseits sind nicht zulässig“ (Oberlandesgericht Thüringen (Az.: 1 OLG 171 SsBs 75/18 – Beschluss vom 6.11.2019)
Was gilt, wenn der Geschäftsführer die Aufgabe an Mitarbeiter delegiert hat? – Rettungsanker dokumentierte Aufsichtsmaßnahmen
Wenn Geschäftsführer die „Vogelperspektive“ einnehmen, also operativ nicht selbst handeln, stellt sich die Frage, ob dies für die Verantwortlichkeit im Rahmen des Bußgeldes einen Unterschied macht. Der Gedanke der „Vogelperspektive“ liegt dem § 130 OWiG zugrunde, der den Geschäftsführer dann nicht aus der Verantwortung entlässt, wenn ihm eine Aufsichtspflichtverletzung vorwerfbar ist, die zum rechtswidrigen Handeln des Mitarbeiters geführt hat.
Bedeutet: Der Geschäftsführer haften nur dann nicht nach § 130 OWiG, wenn die erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen installiert worden sind. Um das auch beweisen zu können, rät sich eine entsprechende Dokumentation im Rahmen der Compliance.
Gegen wen wird das Bußgeld vollstreckt?
Sollte es dann doch den Geschäftsführer treffen, und ist das Bußgeld gegen ihn als Organ persönlich festgesetzt, so richtet sich auch das Vollstreckungsverfahren gegen ihn persönlich, und zwar in das Privatvermögen hinein. Die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft hat dabei keinen Einfluss auf die persönliche Haftung, sodass diese auch dann besteht, wenn sich beispielsweise die Gesellschaft in Liquidation befindet oder bereits aufgelöst ist.
Hilft eine D&O?
Wird der Geschäftsführer als Organ persönlich in Anspruch genommen, ist die Antwort nein. Denn dann entsteht kein Vermögensschaden des Unternehmens. Allenfalls, wenn die GmbH in Anspruch genommen wird und bei dieser ein Vermögensschaden entsteht, könnte eine D&O Versicherung greifen. Das ist aber mit einem großen „aber“ versehen.
Denn die in den Versicherungsbedingungen formulierten Ausschlusstatbestände sehen in der Regel vor, dass neben Ausschlüsse aufgrund von Vertragsstrafen auch solche wegen Geldbußen und Entschädigungen mit Strafcharakter (punitive und exemplary damages) bestehen.