Pünktlich zur Adventszeit veröffentlichte der Bundesfinanzhof ein Urteil zum Thema Änderung von Pensionszusagen. bAVheute zeigt auf, worauf dabei zu achten ist.
Die Wirkung von Pensionszusagen entfaltet sich meist über viele Jahrzehnte – in der Anwartschafts- wie Leistungsphase. Gerade bei den Zusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer geht es oft um hohe Summen, die in der Bilanz kleiner und mittelständischer GmbHs durchaus nennenswerte Posten darstellen. Bei den langen Zeiträumen, über die sich Pensionszusagen erstrecken, kann auch der Wunsch aufkommen, die Zusage an neue Verhältnisse anzupassen. Dabei heißt es aufgepasst, denn gerade, wenn GGF involviert sind, schaut der Betriebsprüfer ganz genau hin.
Rechtzeitig zur Adventszeit, wenn vor dem Ende des Kalenderjahres nochmals schnell Gesellschafterbeschlüsse zur Änderung von Pensionszusagen gefasst werden, hat der Bundesfinanzhof ein Urteil zu diesem Thema veröffentlicht (BFH, 31.05.2017 – I R 91/15).[1] Das Urteil zeigt eindringlich auf, worauf dabei zu achten ist.
Der Fall
Es ging um Pensionszusagen aus dem Jahre 1982, die dem Geschäftsführer A und der Prokuristin A jeweils von der A GmbH gewährt worden waren. Die Eheleute waren beide an der A GmbH beteiligt. Herr A zu 68 %, Frau A zu 32 %.
Der Anfang: Die A GmbH gewährte Herrn A durch Pensionsvereinbarung vom 30. Dezember 1982 eine Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung. § 3 der Pensionsvereinbarung sieht für Herrn A nach vollendetem 65. Lebensjahr eine lebenslängliche Altersrente in Höhe von 60 % des rentenfähigen Einkommens vor. Als rentenfähiges Einkommen gilt gemäß § 2 der Pensionsvereinbarung das in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles erzielte monatliche Durchschnittseinkommen, das sich aus dem Bruttogehalt zusammensetzt.
Die Änderung: „Aufgrund der nachweislich anhaltenden Verschlechterung der Ertragslage“ wurde 2002 zur Sicherung der Finanzierbarkeit eine Festschreibung der Pensionszusagen auf den Wert der steuerlichen Rückstellung im Jahresabschluss zum 31.12.2002 beschlossen. Die Rückstellungswerte wurden im Gesellschafterbeschluss ausgewiesen. Zur neuen Rentenhöhe hieß es lapidar „Von den genannten Rückstellungsbeträgen ist die Rente folglich retrograd zu ermitteln“.
Die Sache mit dem Rechnen: Zur Höhe der Rente lagen zwei mathematische Gutachten vor, die zu gänzlich unterschiedlichen Ergebnissen kamen:
Die Rente von Herrn A sollte zunächst 15.338,78 EUR betragen, nach der zweiten Berechnung dann 6.916,25 EUR. Für Frau A waren erst 9.338,92 EUR angesetzt, später dann 3.499,35 EUR. Bei den Berechnungen der künftig gültigen Renten waren die steuerlichen Parameter (Heubeck-Tafeln und 6 % Zins) angesetzt worden. Die Rückstellung wurde mit 889.387 EUR beziffert, was zu einer Teilauflösung der schon getätigten Rückstellung führte.
Die Betriebsprüfung: Für den Betriebsprüfer, der gleich auch den Fachprüfer bAV, mitbrachte, war „der Tisch reich gedeckt“. Sie argumentierten, dass die Rückstellung in vollem Umfang aufzulösen sei. Denn durch die Änderung 2002 seien die Pensionszusagen „unklar“. Das FG Düsseldorf (Urteil vom 10.11.2015 – 6 K 4456/13K) folgte dieser Auffassung.
Das Urteil
Der Bundesfinanzhof schloss sich dem Ergebnis der Betriebsprüfung und dem Urteil des Finanzgerichtes an. Auch die obersten Richter kamen zu dem Schluss, dass die Höhe der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung nach der Änderung nicht eindeutig bestimmbar sind.
Mit dem Steueränderungsgesetz 2001 wurde das Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG zur Klarstellung eingeführt. Da das Gesetz keine spezielle zeitliche Anwendungsbestimmung enthält, war diese formale Voraussetzung auch bei Altzusagen zu beachten.
Allein mit der Angabe in der Pensionsänderungsvereinbarung, dass die Rente aus dem Rückstellungsbetrag retrograd zu ermitteln sei, folge keine Eindeutigkeit. Dies zeige sich bereits daran, dass die Versicherungsmathematikerin in den zwei Gutachten aus den Jahren 2007 und 2012 trotz Anwendung derselben Parameter (Richttafeln Dr. Heubeck 1998, Rechnungszinsfuß 6 %) zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sei.
Ferner sei den Pensionsvereinbarungen auch nicht zu entnehmen, dass bei der retrograden Ermittlung überhaupt und in welcher Höhe ein Zins zu berücksichtigen sei. Die Anwendung der Richttafeln von Dr. Heubeck sei ebenfalls nicht selbstverständlich, es gebe auch andere Tafeln zur Ableitung der statistischen Lebenserwartung.
Das begründet das Gericht auch ausführlicher: Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die Verwendung der Richttafeln von Dr. Heubeck entspreche der Verkehrssitte, verkennt sie, dass es möglicherweise in den Kreisen von Abschlussprüfern, Aktuaren oder Steuerberatern üblich ist, diese Tafeln zur Bestimmung der Höhe der handelsrechtlich oder steuerrechtlich zulässigen Pensionsrückstellungen heranzuziehen, was bei der Auslegung zu beachten wäre (vgl. Wortlaut des § 157 BGB). Darum geht es im Streitfall jedoch nicht. Vielmehr geht es allein darum, den Inhalt einer individualarbeitsvertraglichen Abrede zu bestimmen (Berechnungsmodalitäten und damit Höhe der zugesagten Altersrente). Es ist nicht erkennbar, dass es bei der privatrechtlichen Zusage von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung der Verkehrssitte entspräche, den Leistungsinhalt oder die Leistungshöhe von den Richttafeln Dr. Heubeck abhängig zu machen.
Fazit
Zur Änderung von Pensionszusagen sollten Fachleute herangezogen werden. „Mal schnell“ vor Jahresende einen Gesellschafterbeschluss zu fassen, geht leider immer wieder schief. Hier gilt: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint …. und schlecht umgesetzt.
Während der Laie denkt, dass der Mathematiker das schon berechnen wird und es dazu auch nur eine Möglichkeit gibt, lehrt die Erfahrung, dass es meist mehrere Berechnungsmethoden gibt, wenn nicht alle Parameter vollständig beschrieben werden. Daher sollte man bei Änderungen auch mit dem beauftragten Gutachter sprechen und eineindeutig fixieren, was den genau vereinbart werden soll.
Der BFH unterstreicht nochmals die Messlatte der Eindeutigkeit. Auch die in der bAV fast selbstverständlichen Berechnungsparameter wie Zinsfuß und Sterbetafeln sind genau zu benennen. Das ist z.B. mit Blick auf das Betriebsrentenstärkungsgesetz, das bei reinen Beitragszusagen eine viel freiere Festsetzung genau dieser Parameter erlaubt, auch nur konsequent.
[1] Streitig war auch eine mögliche Überversorgung. Der folgende Beitrag fokussiert sich auf den Streitpunkt der Eindeutigkeit der Pensionszusage.