Bei normalen Angestellten kein Problem. Doch bei GGF sehen der Bundesfinanzhof und die Finanzverwaltung das Zusammentreffen einer Pensionszahlung und die Weiterzahlung eines Gehaltes kritisch. Es droht die Einordnung als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).
Nun hatte der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 15.3.2023, I R 41/19) Gelegenheit, seine bisherige Rechtsprechung zum Zusammentreffen von Pensionszahlung und Gehalt weiterzuentwickeln. Der Bundesfinanzhof nähert sich langsam der Realität an.
Der Fall
Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH, der 1942 geboren wurde, gründete 1983 seine Gesellschaft für ingenieurmäßige Beratung. 1994 erhielt er eine Pensionszusage (Änderung 2007). Die Voraussetzungen für die Zahlung der Altersrente i.H.v. 2.300 Euro waren die Vollendung des 65. Lebensjahres und das Ausscheiden aus dem Dienst.
Im August 2010 war es soweit. Der GGF schied als GF später als geplant mit 68 aus. Die Pensionszahlung startete mit der Erfüllung der zweiten Voraussetzung für die Pension, nämlich dem Ausscheiden. Im Jahr 2010 erhielt er eine Gesamtvergütung von rund 107.000 Euro.
März 2011 wurde er erneut zum Geschäftsführer berufen, weil es zu Problemen mit der Nachfolgerin kam, und erhielt ein monatliches Bruttogehalt von 1.000 Euro sowie eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehalts. Die Pensionszahlungen liefen weiter.
2015 stufte das Finanzamt die Versorgungszahlungen als vGA ein. Dagegen ging die GmbH per Einspruchsverfahren und dann per Klage vor. Das Finanzgericht Münster sah keine vGA gegeben. Das Finanzamt ging in die Revision.
Das Urteil
Der Bundesfinanzhof sah wie das Finanzgericht keine vGA und entschied gegen das Finanzamt. Das Urteil bestätigt zum einen die bisherige Rechtsprechung des BFH. In einem wichtigen Punkt entwickelt der erste Senat seine Rechtsprechung weiter und gibt wichtige Hinweise für die Praxis.
Bisherige Rechtsprechung bleibt in wichtigen Punkten bestehen.
- Aus steuerrechtlicher Sicht ist es nicht zu beanstanden, ein Versorgungsversprechen der Kapitalgesellschaft nicht von dem endgültigen Ausscheiden des Begünstigten aus dem Dienstverhältnis als Geschäftsführer, sondern allein von dem Erreichen der Altersgrenze abhängig zu machen.
- Bei einem Nebeneinander von Gehalt und Pensionszahlung würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter allerdings grundsätzlich verlangen, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit – ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat.
Fortentwicklung der Rechtsprechung
- Wird allerdings nach dem Eintritt des Versorgungsfalles neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, liegt nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs dann keine gesellschaftliche Veranlassung vor, wenn die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet. D. h. die Summe von Pensionszusage und Gehalt aufgrund der Weiterbeschäftigung darf maximal so hoch sein wie die letzten Aktivbezüge. Übrigens: Im Streitfall betrugen Bezüge plus Pension nur 26 % der maßgeblichen letzten Bezüge.
Warnhinweis an Finanzverwaltung
- Und zuletzt gibt der erste Senat noch einen „Warnhinweis“ an die Finanzverwaltung und eine Erleichterung für die Praxis: Es liegt keine vGA vor, wenn aufgrund dieser Rechtsprechung der GGF ein ansonsten unüblich kleines Gehalt erhält, weil die Differenz zwischen Pensionszusage und letztem Aktivgehalt eher gering ist.
Denn aus Sicht der obersten Richter lässt sich der Ansatz einer vGA nicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats zum sog. doppelten Fremdvergleich bereits daraus herleiten, dass ein Dritter nicht tätig geworden wäre, wenn er hierfür nur eine „Anerkennungsvergütung“ erhalten hätte.
Das begründet der erste Senat folgendermaßen: Auf der Grundlage der Rechtsprechung zum doppelten Fremdvergleich können zwar unübliche Abreden, die einseitig die Gesellschaft begünstigen, dem Grunde nach zu einer gesellschaftlichen Veranlassung und damit zu einer vGA führen. Der Senat hat aber in mehreren Urteilen zu der Frage, ob und in welcher Höhe das Nebeneinander von Versorgung und Gehalt bei der Weiterbeschäftigung des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft eine vGA zur Folge haben könnte, allein auf die Sicht der zahlenden Kapitalgesellschaft abgestellt. Vor diesem Hintergrund kann eine vGA nicht allein damit begründet werden, dass der Geschäftsführer nur ein unüblich niedriges (zusätzliches) Gehalt erhalten hat. Im Übrigen hat der Senat bereits 1995 darauf hingewiesen, dass der doppelte Fremdvergleich dem Gesellschafter nicht die Möglichkeit nehme, gegenüber der Kapitalgesellschaft Dienstleistungen oder Nutzungsüberlassungen unter Marktwert zu erbringen.
Das Urteil hat hohe Praxisrelevanz und gibt der Praxis wichtige Gestaltungshinweise. Die klare Ansage, dass der Differenzbetrag zwischen Pensionszusage und letztem Aktivgehalt steuerlich „unschädlich“ ist, schafft Klarheit. Sehr wertvoll ist auch der Hinweis, dass ein kleines Differenzgehalt nicht wiederum zu einer vGA führt, weil unüblich klein.
Im Übrigen ist es auch ein wertvoller Hinweis des BFH, dass es neben der Differenzbetrachtung auch die Möglichkeit gibt, den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit – ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat. Auch das eröffnet eine Alternative für die Ausgestaltung.