Nachdem das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) letztes Jahr mit der Veröffentlichung eines Rechnungslegungshinweises für eine tiefgreifende Änderung bei der Bilanzierung von rückgedeckten Pensionszusagen in der Handelsbilanz gesorgt hat, kommt jetzt ein neuer Vorstoß. Diesmal geht es um das Abfedern von Zinsverwerfungen, die zur asymmetrischen Erhöhung von Pensionsrückstellungen führen.
Worum geht es?
Zuletzt mehren sich Berichte und Hinweise auf voraussichtlich stark steigende Aufwendungen für Altersversorgungsverpflichtungen in HGB-Abschlüssen. Hintergrund sind zum einen die stark gestiegenen Inflationsraten und zum anderen ein voraussichtlich weiter sinkender HGB-Diskontierungssatz, wodurch eine deutliche Erhöhung der handelsrechtlichen Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen zu erwarten ist.
Das derzeit steigende Zinsniveau wirkt sich aufgrund der gebotenen Durchschnittsberechnung über zehn Jahre im Diskontierungszinssatz nur verzögert aus. Nach Einschätzung des IDW wird der nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB anzuwendende Zinssatz – trotz steigender realer Zinsen – voraussichtlich noch bis zum Abschlussstichtag zum 31.12.2024 weiter sinken. Das bedeutet, dass die Pensionsrückstellungen weiter ansteigen und die Handlungsspielräume der Unternehmen verkleinern.
Wichtig ist nach Auffassung des IDW, dass die tatsächliche Belastung der Unternehmen in deren Finanzberichterstattung transparent dargestellt, gleichzeitig aber nicht überzeichnet wird, um eine sich selbst verstärkende Entwicklung der Krisensituation zu vermeiden. Eine solche Überzeichnung der Risikolage kann sich aus den geltenden handelsrechtlichen Regelungen zur Bilanzierung von Pensionsrückstellungen ergeben. Die daraus vielfach resultierende erhöhte Bewertung von Pensionsrückstellungen führt zu einer Ergebnis- und Eigenkapitalbelastung in den betroffenen Unternehmensabschlüssen.
In einem aktuellen Schreiben an das Bundesministerium der Justiz (BMJ) schlägt das IDW daher das Einfrieren des Diskontierungssatzes sowie eine spätere Rückänderung auf einen 7-Jahres-Durchschnittssatz bei der handelsrechtlichen Abzinsung von Pensionsrückstellungen vor.
Der handelsrechtlich zu verwendende Diskontierungssatz wurde zuletzt im Jahr 2016 vom 7-Jahres auf den 10-Jahres-Durchschnitt umgestellt. Hierdurch sollten bilanzielle Nachteile aufgrund des Niedrigzinsumfelds abgemildert werden. Dieser Zweck sei nach Meinung des IDW nun mit dem zu beobachtenden Anstieg der Inflation und des veränderten Zinsniveaus entfallen. Daher schlägt das IDW vor, den zuletzt verwendeten Diskontierungssatz kurzfristig „einzufrieren“, um ein weiteres Absinken zu verhindern und mittelfristig zu dem 7-Jahres-Durchschnitt zurückzukehren. Hierbei sollte auch die Alternative der gesetzlichen Vorgabe eines fixen Diskontierungszinssatzes (z. B. in Höhe von 3 %) erwogen werden, der unter Vorsichtsgesichtspunkten ein langfristiges durchschnittliches Marktzinsniveau widerspiegelt und in größeren Zeitabständen einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen wird.
Wie geht es weiter?
Die vom IDW gewünschte kurzfristige Gesetzesänderung mit möglichen Auswirkungen auf den Bilanzstichtag 31.12.2022 ist aus Zeit- und Verfahrensgründen eher unwahrscheinlich. Das durch das IDW an das BMJ vorgebrachte Anliegen dürfte jedoch auf starkes Interesse in der Wirtschaft stoßen und auch für die folgenden Abschlussstichtage von Relevanz sein. Dass es aus diesem Anlass auch zu einem Gleichklang mit den steuerlichen Vorgaben kommen kann, ist eher nicht zu erwarten.
Übrigens:
Beitragsorientierte Leistungszusage mit kongruenten Rückdeckungsversicherungen sind von diesen Zinsverwerfungen nicht betroffen.