Dr. Guido Bader berät die Bundesregierung bei der Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie. Was noch zu tun ist, damit es europaweite einheitliche Standards gibt und warum jetzt für Vermittler eine einzigartige Chance besteht, erklärt er im Gespräch mit bAVheute.
Das Thema Nachhaltigkeit hat längst die politische Ebene erreicht. Die Bundesregierung hat beispielsweise im Juni vergangenen Jahres einen Beirat für nachhaltige Finanzen eingesetzt, den Sustainable-Finance-Beirat. Dieser soll die Bundesregierung bei der Ausarbeitung und Umsetzung einer nachhaltigen Finanzstrategie für Deutschland beraten. Dr. Guido Bader, Vorstand Lebensversicherung und Kapitalanlage der Stuttgarter Lebensversicherung a.G., ist Mitglied dieses Beirats. Im Interview mit bAVheute.de beantwortet er wichtige Fragen zur Arbeit des Beirats und zu nachhaltiger Altersvorsorge.
bAVheute: Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr. Immer mehr Unternehmen stellen ihre Nachhaltigkeitsleistungen in den Vordergrund. Inwiefern hat sich auch die Altersvorsorge dahingehend verändert?
Dr. Guido Bader: Das Thema der Nachhaltigkeit fängt gerade erst an, Bedeutung für die Altersvorsorge zu erlangen. Noch sind Unternehmen wie Die Stuttgarter mit ihrem Konzept der GrüneRente Pioniere auf diesem Gebiet. Das wird sich aber schnell ändern, denn der Kreis der Interessenten wird immer größer. Daher sehen wir wachsende Chancen für nachhaltige Altersvorsorgeprodukte. Zudem erhalten mit der EU-Transparenzverordnung, die bis März 2021 umzusetzen ist, ESG-Themen (E = Environmental, S = Social, G = Governance) Einzug in die Anlageberatung und auch in die Altersvorsorgeprodukte. Parallel dazu wird der zunehmende öffentliche und mediale Fokus auf Nachhaltigkeitsthemen das Nachfrageverhalten unserer Kunden ändern und ESG-Themen einen ganz neuen Stellenwert im Beratungsprozess verleihen.
bAVheute: Was müssen Vermittler hier künftig beachten?
Dr. Bader: Eine gute Ausgangsbasis für die kommenden Anforderungen an Vermittler stellt die EU-Transparenzverordnung dar. Da technische Regulierungsstandards der EU aber noch ausstehen, können wir noch nicht alle Details abschätzen. Im ersten Schritt sind Finanzberater zu umfassenden Informationen auf ihrer Internetseite verpflichtet und müssen Erläuterungen zu Nachhaltigkeitsrisiken in den vorvertraglichen Informationen geben. Dies gilt in besonderem Maße für Produkte, deren ökologischen und sozialen Merkmale gezielt beworben werden.
bAVheute: Es gibt keine allgemeingültige Definition, was denn eigentlich nachhaltige Investments sind. Woran können sich Kunden und Vermittler orientieren?
Dr. Bader: Eine Orientierung ist in der Tat noch schwierig. Die Europäische Union hat sich auf allgemein verbindliche Definitionen geeinigt, die neben den bereits erwähnten ESG-Kriterien regeln sollen, wann ein Investment als „grün“ bezeichnet werden darf. Diese Regeln, auch als EU-Taxonomie bezeichnet, sind sehr allgemein gehalten und bieten Kunden und Vermittlern noch wenig konkrete Anhaltspunkte.
bAVheute: Was können die Transparenzanforderungen der EU dann bewirken?
Dr. Bader: Sie werden zu deutlich ausgeweiteten Informationen seitens der Anbieter von Altersvorsorgeprodukten führen und dadurch letztlich auch zu einem Prozess wechselseitiger Annäherung. Dennoch werden verschiedene Produkte auch verschiedene Schwerpunkte setzen. So mag es Produkte mit Investment in erneuerbare Energien geben, die positiv auf den Klimawandel einzahlen. Oder auch Produkte, die in soziale Einrichtungen investieren, und damit einen Schwerpunkt auf die „S“-Komponente von ESG legen.
Die Vielfalt der Angebote ermöglicht es den Kunden letztlich aber auch gemäß dem persönlichen Schwerpunkt zu entscheiden. Produkte wie die Stuttgarter GrüneRente, die alle Komponenten von „ESG“ adressieren, machen es dem Kunden und dem Vermittler dagegen einfach, umfassend nachhaltig zu investieren.
bAVheute: Was unternimmt die Politik, um hier mehr Transparenz und Klarheit zu schaffen?
Dr. Bader: Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, eine weltweite Vorreiterrolle im Bereich nachhaltiger Finanzanlagen einzunehmen. Sie hat dazu den Beirat für nachhaltige Finanzen gegründet, dem ich persönlich angehöre. Hier gilt es, eine Sustainable-Finance-Strategie mit möglichst konkreten Maßnahmen für die Bundesregierung zu entwerfen, sodass die Kräfte der Finanzmärkte optimal für den Transformationsprozess hin zu nachhaltigem Wirtschaften genutzt werden können. Hierfür bedarf es erst einmal umfassender Informationen – vor allem aus der Realwirtschaft, um Investoren mit Nachhaltigkeitszielen eine ausreichende Basis für fundierte Investitionsentscheidungen zu bieten.
„Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, eine weltweite Vorreiterrolle im Bereich nachhaltiger Finanzanlagen einzunehmen.“
bAVheute: Der Trend zu einer grüneren Altersvorsorge macht sich auch in der bAV bemerkbar. Hier gilt Die Stuttgarter unter den Anbietern als Pionier. Warum haben Sie hier schon so früh reagiert und wie sieht Ihr Ansatz konkret aus?
Dr. Bader: Es gibt immer mehr Menschen, die neben einer zuverlässigen Altersvorsorge ihr Geld umwelt- und sozialverträglich investiert sehen möchten. Wir haben sehr früh verstanden, dass wir mit dem bisherigen Denken nicht weiterkommen. Zudem haben wir erkannt, dass das schon sehr viele Menschen genau so sehen. Diese Entwicklung passt sehr gut zu uns, denn Nachhaltigkeit ist für uns kein kurzfristiger Trend. Sie ist eine Haltung, die sich aus unserer Tradition als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit ableitet.
So sehen wir es ebenfalls in unserer Verantwortung, zum Erhalt der ökologischen, sozialen und ethischen Grundlagen der Gesellschaft beizutragen. Daher bieten wir all denen, die Verantwortung im Rahmen nachhaltiger Altersvorsorge übernehmen wollen, schon seit vielen Jahren geeignete Produkte – die GrüneRente – an.
bAVheute: Was konkret steckt hinter der GrüneRente?
Dr. Bader: Die GrüneRente als bAV verbindet gleich zwei Dimensionen verantwortungsvollen Handelns eines Arbeitgebers: Einerseits die gelebte soziale Verantwortung gegenüber der Belegschaft. Andererseits die Investition in Kapitalanlagen, die ESG-Kriterien berücksichtigen. Mit der GrüneRente punktet Die Stuttgarter hier auf mehreren Ebenen: Mit einem breit diversifizierten Portfolio ökologischer, sozialer und ethischer Kapitalanlagen sowie Produkten für die jeweilige Chance-Risiko-Neigung der Kunden. Dieses Konzept kommt bei vielen Unternehmen sehr gut an und zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
bAVheute: Wie genau sieht die Arbeit des Sustainable-Finance-Beirats aus? Gibt es schon konkrete Ergebnisse?
Dr. Bader: Der Beirat hat Anfang März einen Zwischenbericht zur Konsultation veröffentlicht. Dieser stellt jedoch nur einen Zwischenstand dar. Die dort beschriebenen Maßnahmen müssen nun weiter ausgearbeitet und bewertet werden. Zudem ist zu bedenken, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen in einen gesamteuropäischen Regulierungsrahmen passen müssen. Zentral sind aber die vorgeschlagenen umfassenden Offenlegungspflichten für die Real- wie die Finanzwirtschaft. Nur ein informierter Investor kann auch Entscheidungen treffen, die seinen Vorstellungen nachhaltigen Investierens entsprechen.
bAVheute: Was können Sie Vermittlern und Unternehmen, die sich bisher nicht mit Nachhaltigkeit beschäftigt haben, mit auf den Weg geben?
Dr. Bader: Ich habe hier einen ganz einfachen Rat: Sehen Sie in den Regulierungsvorhaben nicht eine Last, die Sie auch noch bewältigen müssen. Sehen Sie darin eine einzigartige Chance, eine rasant wachsende nachhaltige Kundengruppe zu erschließen und gleichzeitig einen Beitrag zum Erhalt unseres Planeten zu leisten.