Fehlende Standards und Vorgaben erschweren Vermittlern die Auswahl nachhaltiger Lösungen. Über welche Ansätze es dennoch gelingen kann, erklärt Annegret Heinze in ihrem zweiten Teil zur Implementierung einer Nachhaltigkeitsstrategie im Maklerbetrieb.
Versicherer- und Produktvergleich
Die mit Abstand schwierigste Herausforderung für den Vermittler liegt aktuell noch in der Vergleichbarkeit der Versicherer und deren Produkte in Bezug auf Nachhaltigkeitsfaktoren. Begründet ist dies durch die aktuell noch fehlenden Regulierungsstandards und die einheitlichen Bewertungsansätze. Für den Kunden hingegen ist dies der wesentlichste Faktor in der nachhaltigen Kundenberatung, da er hier die größtmögliche Wirkung seiner Investition erzielen kann. Hier sollte der Vermittler im Beratungsgespräch die konkreten Vorstellungen und Wünsche im Bezug auf Nachhaltigkeitsfaktoren hinterfragen. Nur so lässt sich der Grad der Tiefe für den Vergleich ermitteln und an den Beratungsbedarf anpassen.
Bis aussagekräftige Nachhaltigkeitsratings vorliegen, sollte der Vermittler eigene Standards zum Vergleich heranziehen. Die einfachste Variante ist sicherlich die vorvertraglichen Informationen der Gesellschaften für die in Frage kommenden Produkte zu vergleichen. Wer diesen Weg verfolgt, erlangt im Ergebnis die Erkenntnis, ob ein Versicherer Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigt, wie er dies tut und ob sich dies nachteilig auf die Rendite auswirkt. Die Gesellschaften verfolgen in der Regel unterschiedliche Bewertungsansätze, über deren Ansatz der Kunde aufzuklären ist. Die am häufigsten in vorvertraglichen Informationen genannten Investitionsansätze sind:
- Die ESG-Integration: Die Einbindung von Umwelt-, Sozial- und Unternehmensfaktoren in Investitionsentscheidungen.
- Das Normbasierte Screening: Überprüfung ob Investitionen den Mindeststandards internationaler Normen, wie z. B. UN (Vereinte Nationen), ILO (International Labor Organisation / Internationale Arbeitsorganisation), OECD und NGOs Nichtregierungsorganisation /Non-governmental organization) standhalten.
- Ausschlusskriterien/ Positivlisten: Ausschluss bestimmter Sektoren, Unternehmen oder Produktkategorien bzw. gezielte Investitionen in bestimmte Bereiche.
Die Anforderungen der Transparenzverordnung sind nach herrschender Meinung damit erfüllt. Allerdings ist fraglich, ob auch die Kundenfragen dadurch beantwortet sind und der Kunde sich aufgrund dessen ausreichend aufgeklärt fühlt, um zu einer eigenen Entscheidung zu gelangen. Für die Vermittler, die weitreichendere Informationen für Ihre Kundschaft suchen, ist der Weg etwas beschwerlicher. Um beurteilen zu können, ob das Risikomanagement eines Versicherers nachhaltigkeitsbezogen plausibel agiert, kann neben den vorvertraglichen Informationen ein Blick in die Nachhaltigkeitsberichterstattung unterstützen.
Allerdings gibt es auch hierbei keine einheitlichen Vorgaben zur Berichterstattung bzw. zur Beurteilung der Nachhaltigkeitsausrichtung eines Versicherers. So finden sich u. a.:
- Nachhaltigkeitsberichte (z. B. nach Deutscher Nachhaltigkeitskodex DNK oder Global Reporting Initiative GRI)
- Verpflichtende nichtfinanzielle Berichte
- Nichtverpflichtende nichtfinanzielle Berichte
- Eigene Berichterstattungen, die angelehnt sind an DNK, GRI oder Global Compact
- Beitritt zur UN PRI oder Vorbereitung zum Beitritt
- Bericht zur Solvabilitäts- und Finanzlage (SCFR) oder
- Eigene Werbemaßnahmen (unter kritischer Bewertung, sofern keine anderweitigen Nachhaltigkeitsberichte vorliegen).
- Nachhaltigkeitszertifizierungen (Produkt- oder Unternehmensbezogen)
Produktbezogen kann die Recherche z. B. durch folgende Recherchefragen ergänzt werden:
- Sind als nachhaltig beworbene Produkte vorhanden?
- Welcher Ansatz wird bei Investitionen gewählt (ESG-Integration, Positiv-/ Negativlisten, Normbasiert usw.)?
- Betrifft dies alle Investitionen (Deckungsstock, Investment, Rentenphase)?
- Gibt es ein produktbezogenes externes Rating?
- Wie hoch ist der Nachhaltigkeitsgrad der Fondsauswahl Investmentbereich?
- Passt die Fondsauswahl zu den Nachhaltigkeitsvorstellungen des Kunden?
Sicherlich ein mühseliges Unterfangen, allerdings erhält man nur so einen Eindruck davon, wie seitens des Versicherers mit der Ausrichtung auf Umwelt und Soziales umgegangen wird und ob die Unternehmensführung per se zur allgemeinen Nachhaltigkeitsausrichtung der vorvertraglichen Informationen passt. Die produktbezogene Analyse ermöglicht dem Vermittler darüber hinaus, individueller auf die Kundenbedürfnisse einzugehen. Ergänzend dazu kann der Vermittler mittlerweile am Markt auf einige Angebote für Nachhaltigkeitsfortbildungen zurückgreifen, bei denen gezielte Sensibilisierung zu dem Themenkomplex erfolgt.
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