Bereits im Juli 2021 hat das IDW in seiner Mitgliederzeitschrift einen Hinweis zur Bilanzierung rückgedeckter Pensionszusagen veröffentlicht. Eine Zusammenfassung mit praktischen Beispielen findet sich hier.
Jetzt haben die Aktuare nachgelegt. Sie haben eine „Bedienungsanleitung“ erstellt, die bei der Umsetzung der Vorgaben des IDW in der Praxis bei der Berechnung der Pensionsrückstellung von rückgedeckten Pensionszusagen in der Handelsbilanz unterstützen sollen.
Ergebnisbericht der DAV veröffentlicht
Der Fachausschuss Altersversorgung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) hat am 26.4.2022 seinen Ergebnisbericht veröffentlicht. Dieser behandelt Fragestellungen zur aktuariellen Umsetzung des IDW-Hinweises. Er betrifft Aktuare, die in der Rolle des versicherungsmathematischen Sachverständigen für den Jahresabschluss von Unternehmen Ansprüche aus Rückdeckungsversicherungen und zugehörige Versorgungszusagen nach HGB bewerten oder Unternehmen zur Bilanzierung dieser Ansprüche und Pensionsverpflichtungen beraten. Aber auch Vermittler sind gut beraten, wenn sie die Hintergründe im Jahresgespräch mit dem Firmenkunden kennen.
Eine zentrale Anforderung des IDW-Hinweises ist, dass die handelsrechtlich erdiente Pensionsverpflichtung, mit dem zum Bilanzstichtag bereits finanzierten Anspruch der Rückdeckungsversicherung, hinsichtlich gleichlaufender Zahlungsströme zu vergleichen ist.
Die auf gleichlaufenden Zahlungsströmen basierenden Teile der Zusage und der Rückdeckungsversicherung sind künftig auf der Passiv- und Aktivseite der Bilanz grundsätzlich in gleicher Höhe zu bewerten. Dies gilt für rückgedeckte Zusagen mit und ohne Versicherungsbindung gleichermaßen.
Zwei mögliche Bewertungsansätze
Diese Bewertungsverfahren bilden die im IDW-Hinweis geforderte Zahlungsstromanalyse genau ab.
Der Nachteil dieser Verfahren ist, dass Sie einen tiefen Einblick des Gutachters in die jeweiligen Versicherungsleistungen der Rückdeckungsversicherung zum Bilanzstichtag erfordern.
Im Regelfall liegen diese Informationen nur den an die Versicherungsunternehmen angeschlossenen Gutachtern vor, die einen direkten Zugriff auf die Bestandsverwaltungssysteme der Rückdeckungsversicherung haben. Die vom Versicherer in den Aktivwertnachweisen und Standmitteilungen zur Verfügung gestellten Daten sind dafür regelmäßig nicht ausreichend.
Ohne diese Informationen fordert das IDW vom Gutachter eine sachverständige Schätzung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung, insbesondere ist das Vorsichtsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zu beachten. Diese Schätzung liegt im Ermessen des jeweiligen Gutachters. Sie kann von Fall zu Fall höchst unterschiedlich ausfallen. Damit wäre eine hohe Objektivität, sowie eine gute Vergleichbarkeit der Bilanzwerte nicht mehr gewährleistet.
Hinweis für die Praxis
Eine Herausforderung für Aktuare und Vermittler ist die frühzeitige Information der Firmenkunden. Pauschale Aussagen zu den möglichen Auswirkungen sind dabei grundsätzlich nicht möglich. In jedem Einzelfall sind aktuarielle Berechnungen durchzuführen.
Zum Beispiel ergeben sich vielfältige Wechselwirkungen bei Pensionszusagen deren Leistungen nur teilweise durch eine Rückdeckungsversicherung ausfinanziert sind. Teile der Pensionszusage können durch die Rückdeckungsversicherung unterdeckt sein, während für andere Teile eine Überdeckung vorliegt.
Diese Verfahren setzen den Rückdeckungsanspruch und einen modifizierten Barwert der erdienten Pensionsverpflichtung oder alternativ einen modifizierten Rückdeckungsanspruch und die HGB-Rückstellung nach “bisherigen Regeln” zueinander ins Verhältnis. Das Verhältnis bestimmt den kongruenten Anteil der Pensionszusage und der Rückdeckungsversicherung.
Die Modifikation des Barwertes der erdienten Pensionsverpflichtung erfolgt zum einen über einen an die Rückdeckungsversicherung angepassten Rechnungszins (Gesamtverzinsungserwartung) und zum anderen mit Hilfe tabellarisch vorgegebener Biometriefaktoren, die einen Wechsel der biometrischen Rechnungsgrundlagen von den „Heubeck Richttafeln 2018 G“ hin zu den DAV-Tafeln simulieren. Dadurch wird eine Vergleichbarkeit zwischen dem Rückdeckungsanspruch und dem Barwert der Pensionszusage hergestellt. Bei der Modifikation des Rückdeckungsanspruches erfolgt eine Neubewertung der erdienten versicherten Leistungen mittels Verwendung der Rechnungsgrundlagen für die HGB-Rückstellungen. Aus Sicht der Aktuare können die faktorbasierten Bewertungsverfahren den zahlungsstrombasierten Bewertungsverfahren gleichgestellt werden.
Die zahlungstrombasierten Bewertungsverfahren setzen den IDW-Hinweis in natürlicher Weise um.
Dagegen werden bei den faktorbasierten Bewertungsverfahren aus Sicht des Autors verschiedene Zahlungsströme auf einen einzigen Barwert reduziert und die vorliegenden Gegebenheiten damit stark vereinfacht. Die pauschale Anwendung der Biometriefaktoren tut ihr Übriges. Allerdings haben diese Verfahren auch einen großen Vorteil: In der Regel genügen für die Anwendung die im Aktivwertnachweis des Versicherers zur Verfügung gestellten Daten der Rückdeckungsversicherung.
Hinweis für die Praxis
Insbesondere bei Rückdeckungsversicherungen deren Wertentwicklung beispielsweise von Fonds oder index-gebundenen Wertpapieren abhängt, ergeben sich nach Ansicht der Aktuare keine Änderungen aus dem IDW-Hinweis. Die Bewertung erfolgt wie bisher.
Dies gilt auch für die Fälle, bei denen die Altersleistungen der Pensionszusage und der Rückdeckungsversicherung nur in abweichenden Auszahlungsoptionen (Kapital, Rente oder Raten) möglich sind. Unverändert bleibt auch die Bewertung von kongruent rückgedeckten beitragsorientierten Leistungszusagen.
Auswirkungen auf rückgedeckte Unterstützungskassen
Grundsätzlich ist für eine mittelbare Verpflichtung ein Bilanzausweis nicht erforderlich. Für eine gegebenenfalls nicht gebildete Rückstellung bestehen Anhangangabepflichten (Art. 28 Abs. 2 EGHGB). Die Anhangangabe kann entfallen, wenn aus der Subsidiärhaftung des Trägerunternehmens keine Subsidiärverpflichtung erwächst.
Dies ist z. B. bei einer vollständig kongruent rückgedeckten Leistungszusage und bei einer versicherungsgebundenen beitragsorientierten Leistungszusage der Fall. Leistungskongruenz liegt demnach vor, wenn für das Trägerunternehmen im Leistungsfall und bei vorzeitigem Ausscheiden kein Nachschussrisiko besteht.
Fehlbeträge können z. B. bei (teil-)rückgedeckten Leistungszusagen oder bei einer ratierlichen Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft im Falle des Ausscheidens des Begünstigten entstehen. Die Grundsätze des IDW-Hinweises sind bei der Ermittlung dieser Fehlbeträge sinngemäß zu berücksichtigen.
Fazit
Der neue Bewertungsansatz ist spätestens für Bilanzstichtage ab 31.12.2022 in der Handelsbilanz verpflichtend anzuwenden. Vermittler sollten frühzeitig ihre Firmenkunden und deren Steuerberater über die neuen Bilanzierungsvorschriften informieren, denn die daraus resultierenden Auswirkungen greifen unmittelbar und ohne Übergangsregelung. Eine spezielle Verteilungsregelung ist ebenfalls nicht vorgesehen.
Zusammen mit dem versicherungsmathematischen Gutachter und dem Steuerberater sollte die konkrete Umsetzung rechtzeitig vor dem Jahresabschluss besprochen werden. Vor allem bei der erstmaligen Anwendung des neuen IDW-Hinweises ist mit erhöhten Aufwänden bei allen Beteiligten zu rechnen.