Neben der Art der Garantie ist auch die Höhe der Garantie von Bedeutung. Dass eine Garantie das Renditepotenzial eines Altersvorsorgeprodukts umso stärker reduziert, je höher die Garantie ist, ist allgemein bekannt. Darüber hinaus kann eine zu hohe Garantie aber sogar das Risiko des Sparers erhöhen. Dies klingt auf den ersten Blick verwirrend, denn gemeinhin nimmt man ja an, dass eine Erhöhung der Garantie zwar das Renditepotenzial reduziert, dafür aber das Risiko senkt. Letzteres gilt aber nicht unbedingt, wenn man berücksichtigt, dass Garantien üblicherweise als „Eurobetrag“ (also nominal) festgelegt werden, während das Risiko des Sparers in der „Kaufkraft der Leistung“ (also real bzw. inflationsbereinigt) relevant ist.
Um zu verstehen, was das für die Frage bedeutet, welche Höhe der Garantie angemessen ist, muss man sich zuerst einen Grundzusammenhang zwischen Inflation und Performance einer Investition in Aktien (oder ähnliche „Realwerte“) klarmachen. Kurzfristig gibt es zwischen der Veränderung der Inflation und der Schwankung von Aktienkursen kaum einen systematischen Zusammenhang. Die Gesamtrendite von Aktien über einen langen Zeitraum weist hingegen eine positive Korrelation (also einen wahrscheinlichen Gleichlauf) mit der Inflation über denselben Zeitraum auf.
Nach 30 Jahren mit hoher Inflation kostet eine Butterbrezel vielleicht 15 Euro. Nach 30 Jahren mit niedriger Inflation hingegen nur 2 Euro. Das Verhältnis zwischen dem Wert einer börsennotierten Bäckerei und dem Preis einer Brezel sollte aber in beiden Szenarien etwa gleich sein (sofern die Bäckerei in beiden Fällen ähnlich gut gemanagt wird). Dasselbe gilt für das Verhältnis zwischen dem Aktienkurs von Gillette und dem Preis einer Rasierklinge.
Bei Garantieprodukten, die üblicherweise in der Altersvorsorge zum Einsatz kommen, gehen hohe Garantien mit einer geringen Aktienquote einher. Umgekehrt ist die Aktienquote bei geringerer Garantie höher. Produkte mit geringer Garantie haben somit ein eher hohes Risiko zufälliger Wertschwankungen. Mit zunehmender Garantie sinkt dieses Schwankungsrisiko. Dafür steigt aber das Inflationsrisiko, weil die Rendite des Produkts tendenziell weniger „Gleichlauf“ mit der Inflation aufweist.
Unter Berücksichtigung des Inflationsrisikos führt eine Erhöhung der Garantie also nicht unbedingt zu einer Reduktion des Risikos. Zu hohe Garantien reduzieren also nicht nur das Renditepotenzial (in Zeiten niedriger Zinsen übrigens besonders stark), sondern können zusätzlich das Risiko in Bezug auf die Kaufkraft zukünftiger Leistungen erhöhen. In Zeiten niedriger Zinsen können somit Produkte mit etwas abgesenkten Garantien auch für Kunden mit hohem Wunsch (oder Bedarf) nach Sicherheit bedarfsgerecht sein.
Die oben erläuterten Zusammenhänge haben folgende drei Konsequenzen für die Altersvorsorge:
- Wenn gespart wird, um den gewünschten Lebensstandard im Alter abzusichern, dann ist die Garantie eines lebenslangen Einkommens in der Auszahlphase die wichtigste Garantie. Über deren Bedeutung wird bisher viel zu wenig gesprochen.
- Wenn Garantien in der Ansparphase vom Kunden gewünscht oder gesetzlich vorgeschrieben sind, dann sind für langfristige Sparprozesse endfällige Garantien als Art der Garantie bedarfsgerecht. Zwischenzeitliche Wertschwankungen (in der bAV unter Beachtung der Ansprüche aus unverfallbaren Anwartschaften) in Kauf zu nehmen, erhöht das langfristige Renditepotenzial.
- Was die Höhe der Garantie anbelangt, so kann eine im Vergleich zu früher abgesenkte Garantie auch für risikoscheue Kunden bedarfsgerecht sein. Denn zu hohe Garantien kosten nicht nur Rendite, sondern können sogar das Risiko in Bezug auf die Kaufkraft der Leistung erhöhen.
Es ist aus Kundensicht daher zu begrüßen, wenn künftig – auch und gerade in der bAV – Zusagen und Produkte mit niedrigeren Garantien ausgestattet werden (können).