Inflation, Garantien, Risiko … wie immer diskutierten auf der diesjährigen DAV-Jahrestagung die Aktuarinnen und Aktuare die Themen Ihrer Zunft. Die Tagung fand an ihrem Tradtionstermin Ende April erstmalig in hybridem Format statt – mit großem Vor-Ort-Programm in Bonn, das an allen drei Kongresstagen live gestreamt wurde. Für bAVheute dokumentiert Andreas Mock die wichtigsten Aussagen der Fachgruppe „PENSION“ am dritten Tag der Veranstaltung. Teil II einer zweiteiligen Berichterstattung.
Nachdem die Vorträge am Vormittag Inhalt des ersten Teils der Berichterstattung waren, folgt an dieser Stelle eine Zusammenfassung des Nachmittags.
Aktuelles zum Versorgungsausgleich
Im Vortrag von Korbinian Meindl, Partner bei der Prof. Dr. E. Neuburger & Partner Institut für Wirtschaftsmathematik und betriebliche Altersversorgung GmbH, wurden aktuarielle Aspekte zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 26.5.2020 – 1 BvL 5/18) vorgestellt. Nach Ansicht der Aktuare war der vom BVerfG beschriebene Vergleich von Rentenbeträgen häufig ungeeignet, um Transferverluste zu erkennen und zu quantifizieren. Zudem blieben viele Anwendungsfragen offen.
Erste Hinweise zur praktischen Umsetzung liefert das BGH-Urteil vom 24. März 2021 (XII ZB 230/16). Zum einen werden darin prüfungsfreie Fallgestaltungen definiert. Zudem wird klargestellt, dass der Ansatz des 10-Jahres-Durchschnittszins zulässig ist. Bei Ehezeitende in der „Vor-BilMoG-Zeit“ ist ein steuerlicher Rechnungszins von 6 % zulässig.
Weitere Handlungsempfehlungen liefert die Versorgungsausgleichskommission des Deutschen Familiengerichtstages vom 16.12.2021. Befinden sich beide Ehegatten in der Anwartschaftsphase ist bis zu einem Rechnungszins von höchstens 3 % keine weitere Prüfung nötig, da in diesen Fällen keine verfassungswidrigen Transferverluste zu erwarten sind. Erfüllt die ausgleichsberechtigte Person die rechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer gesetzlichen Erwerbsminderungsrente kann sogar bis zu einem Rechnungszins von 3,25 % auf eine Prüfung verzichtet werden. Bei einem höheren Rechnungszins kann die Bestimmung der Transferverluste durch einen einfachen Barwertvergleich erfolgen. Falls ein Transferverlust über 10 % resultiert, kann das Familiengericht durch „Dreisatz“ den Zusatzbetrag näherungsweise selbst bestimmen.
Damit steht den Familiengerichten nun ein Prüfungsschema zur Verfügung, mit dem in den allermeisten Fällen ein Sachverständigengutachten vermieden werden kann.
HGB-Bewertung rückgedeckter Pensionszusagen
Der Vortrag von Daniel Gentner, Abteilungsdirektor Allianz Lebensversicherungs-AG, beschäftigte sich mit dem im Juli 2021 veröffentlichten IDW-Hinweis zur HGB-Bewertung rückgedeckter Pensionszusagen. Mit Blick auf dessen Erstanwendungszeitpunkt zum Stichtag 31.12.2022 ergeben sich auch hier zahlreiche Fragen zur praktischen Umsetzung. Der Fachausschuss Altersversorgung der DAV lieferte mit seinem kurz vor der Tagung verabschiedeten Ergebnisbericht erste Hilfestellungen.
Hinsichtlich der Bestimmung des Grades der Leistungs-, Finanzierungs-und Erdienenskongruenz besteht die Notwendigkeit einheitlicher Bewertungsverfahren, die universell für alle Praxiskonstellationen einsetzbar sind. Dies wird über faktorbasierte Bewertungsverfahren sichergestellt, mit deren Hilfe die kongruenten Anteile mittels Barwertvergleich bestimmt werden. Nach Ansicht der Aktuare sind fondsgebundene, indexgebundene und hybride Rückdeckungsversicherungen vom Anwendungsbereich des IDW-Hinweises nicht erfasst. Die Bewertung erfolgt wie bisher als wertpapiergebundene Zusagen.
Aktuelles in der bAV
Thomas Hagemann, Chefaktuar Mercer Deutschland GmbH, ging der Frage nach, was die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode für die Altersvorsorge tatsächlich plant. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Rentenanpassung 2022 und zur Verbesserung von Leistungen für den Erwerbsminderungsrentenbestand“ vom 13.4.2022 enthält die Reaktivierung des Nachholfaktors, d.h. unterlassene Rentenkürzungen des Jahres 2021 sollen schon die Rentenerhöhungen des Jahres 2022 mindern. Zudem sollen laufende Erwerbsminderungen verbessert werden. Auch die doppelte Haltelinie ist enthalten (20 % Beitrag, 48 % Leistung).
André Geilenkothen ebenfalls bei Mercer berichtete zum Abschluss zum aktuellen Stand der Umsetzung der Digitalen Rentenübersicht. Nächste geplante Schritte sind ein Infotag der ZfDR für interessierte Vorsorgeeinrichtungen am 10. Mai 2022 sowie Tests zu den technischen Schnittstellen zwischen ZfDR und den Vorsorgeeinrichtungen im dritten Quartal 2022. Der Go Live für die erste Betriebsphase mit den ersten Teilnehmern ist für den Dezember 2022 geplant.
Fazit des Autors
Geringere Garantien erhöhen insbesondere unter Berücksichtigung der Inflation die Chancen auf eine Rendite auf deren Grundlage sich auskömmliche Rentenleistungen erzielen lassen. Für die praktische Umsetzung bietet die bAV bereits heute zahlreiche Möglichkeiten. Ob zusätzlich noch eine Aktienrente erforderlich ist, sei dahingestellt. Zumal deren konkrete Ausgestaltung und Finanzierung weiter unklar ist.